Das Kohlehydrat ist jetzt also böse. Komisch, nach der mittlerweile als Fett-Magnet bekannt gewordenen „Light“-Welle versuchte man den stupenden Konsumenten ja seit ungefähr zehn Jahren einzureden, dass Kohlehydrate der Weg zum Erfolg sind, Ausdauer und wahrhafte Kraft verschaffen, dass sie Energie bringen, ohne fett zu machen, und dass man – wenn man viel Spaghetti isst – erstens so toll Rad fahren kann wie Jan Ullrich und zweitens so gesund, schön und glücklich wird wie die Italiener, Griechen und Südfranzosen zusammen.
Und auch wenn die Montignac-Methode, die schon vor Jahren propagierte, mittels Verzehr von fetten Speisen und Verzicht auf jegliches Kohlenhydrat abzunehmen, noch von jedem klar denkenden Menschen als höchstens kurzfristig wirkender Trick bekopfschüttelt wurde, so scheint es, dass die ähnlich angelegten Diäten Atkins und Low Carb demnächst auch bei uns demnächst voll kommen werden.
Grob gesagt geht es bei diesen beiden Diäten darum, dass Kohlehydrate – vor allem schnell wirkende – den Insulinspiegel rasch erhöhen und dadurch ein Hungergefühl hervorrufen. Atkins, Low Carb und South Beach raten daher, auf Kohlehydrate – also Brot, Reis, Nudeln, Erdäpfeln, aber auch „süßes“ Obst – zu verzichten, die Bauchspeicheldrüse somit nicht anzuregen, Insulin zu produzieren, den Körper somit seiner Ernährung zu berauben, auf dass der nach einiger Zeit des Darbens unter Ausstoß von Ketonen die eigenen Fettzellen auffrisst.
Das funktioniert in gewisser Hinsicht auch tatsächlich, halt mit dem blöden Nebeneffekt, dass man sich Leber und Niere vergiftet, unter Konzentrationsmängeln leidet und nicht wirklich gut aus dem Mund riecht. Aber egal, was nämlich noch viel besser funktioniert, ist das Business um diese Wahnsinns-Diäten: Die Umsätze von Atkins – der Erfinder, Herr Atkins starb übrigens vor kurzem mit schwerem Übergewicht und Organschäden – sind schwindelerregend, alles, was sich industriell herstellen und verpacken lässt, wird von Atkins angeboten, „low carb“ ist ebenfalls dankbar, denn was „low“ ist, bleibt vergleichsweise undefiniert (für amerikanische Verhältnisse ist eigentlich alles, was Europäer essen, „low carb“, ein amerikanisches Frühstück reicht in Österreich für vier, zu jedem ohnehin schon gigantisch dimensionierten Sandwich wird auch noch ein Berg Fritten und ein Tellerchen Nudelsalat serviert ...).