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Standard: Ist das EU-Bewusstsein in den jungen Generationen ausgeprägter als bei den älteren?

Viviane Reding: Ich glaube, dass die älteren Generationen, die aus den Weltkriegen erwachsen sind, Europa eher als ein Friedensinstrument verstehen. Den Jungen muss man Europa anders erklären. Sie sind zwar kritisch, weil ihnen die europäische Entwicklung zu langsam geht, aber sehr Europa-begeistert. Sie fragen zum Beispiel, warum wir noch keine gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik haben. Auch Jugendliche aus Ländern, die noch nicht in der EU sind, möchten Mitglied der europäischen Familie sein.

Standard: Wie sieht es in Zukunft mit der Partizipation der Jugend an EU-Themen aus?

Reding: Ich denke, dass man auch heranwachsende Jugendliche in gemeinschaftliche Aktionen einbinden soll. Mein Vorschlag: Jugendprogramme ab 13. Sie bekommen eine Erfahrung des anderen, desjenigen, der nicht dieselbe Nationalität, Sprache, Hautfarbe und Ansicht hat. Je früher man lernt, im Gleichgewicht miteinander zu leben, desto besser ist es.

Standard: Gibt es eine Vernetzung zwischen der EU und an deren Staaten, was Jugendpolitik betrifft?

Reding: Die Vernetzung, die wir haben, läuft über www.school.net. Es gibt immer mehr Schulen aus verschiedenen Kontinenten, die sich mit europäischen Schulen verbinden. Jugendliche müssen eingebunden werden, um ein "Gegeneinander" in ein harmonisches "Miteinander" umzuwandeln.

Standard: Haben die einzelnen Länder voneinander gelernt?

Reding: Ja. Die Staaten weniger als die Jugendlichen selbst. Es sind regelrechte Völkerwanderungen im Sommer, wenn die Jugendlichen Rucksackreisen machen, sich vermischen und so auf eine sehr natürliche Art Europa erleben. Insbesondere solche Erfahrungen werden die Mentalität in unseren Nationen langsam, aber sicher verändern.

Standard: Wie gewichtig sind jugendliche Stimmen derzeit in der EU?

Reding: Ich glaube, dass bei den Europawahlen Jugendliche eine große Rolle spielen werden, denn die können sehr laut werden, wenn sie wollen. Je lauter sie werden, desto mehr wird man merken, dass sie da sind.

Standard: Wie ermutigen Sie junge Menschen zur Wahl?

Reding: Es wäre gut, wenn Jugendliche verstehen würden, dass Europapolitik Zukunftspolitik ist. Sie haben nicht nur Mitspracherecht, sondern so gar Mitsprachepflicht. Sie sollen sich nicht hinterher ärgern, wenn etwas nicht funktioniert, sondern jetzt wählen, damit ihre Ideen durchgesetzt werden können.

Standard: Ist eine Wahlalterssenkung auf EU-Ebene für Sie eine Überlegung wert?

Reding: Das Wahlalter ist eine rein nationale Entscheidung, da können wir uns nicht einmischen.