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Das unüberschaubare Heer an arbeitenden Frauen wäre gut beraten, entköpft, also kopflos ihre Ausbeutung hinzunehmen, wünschen sich vor allem konservative PolitikerInnen. Begehren sie auf, sind sie eben hysterisch und Emanzen. Aber das wurde widerständischen Frauen schon immer nachgesagt, also was soll's.
Foto: APA/epa/Wilson Wen
Die Zeiten ändern sich. Wer hat das noch nicht mitbekommen? Die eklatanten und permanenten Einsparungen und Einschränkungen allerorts können die österreichische Bevölkerung spätestens seit dem Regierungsantritt von Schwarz-Blau nicht mehr darüber hinweg täuschen, dass die Zeiten härter geworden sind. Nicht bloß für den überstrapaziert zitierten "kleinen Mann", mehr noch für die Masse der Frauen in diesem Land. Woran dies liegt, darüber kursieren jede Menge Theorien, mit denen wir uns hier nicht aufhalten wollen.

Dafür aber mit den unermüdlichen Versuchen der Regierenden ihr Versagen zu kaschieren, indem sie sich die Münder über angebliche Verbesserungen insbesondere für Frauen fusselig reden. Dabei hallt auch der Ruf nach Bescheidenheit wieder lauter. Und das konservative Volk, das bekanntlich am besten weiß, wo der Bartl die Milch herholt, wo es also was zu holen gibt und wo nicht, stimmt lauthals in den Chor der "Bescheidet euch"-RuferInnen ein. Da müssen die Flöten-Liesl und der Guitarren-Wolferl gar nicht mehr viel tun. Hui, da geht's lustig her und wenn der Wein nicht mehr in Strömen fließt, die nationalen Milchkühe stehen auf jeden Fall brav in Reih und Glied und produzieren immer weiter, wenn auch nicht genügend PensionszahlerInnen.

Ja, die Frauen sind bestens geeignet für jede Sparmaßnahme, denn verwöhnt wurde das seit Jahrtausenden zweitgereihte Geschlecht noch nie. So müssen sie erst gar nicht entwöhnt werden vom Milch- und Honig-Fluss, dafür aber als Gegenleistung ohne Leistung ihre immer wieder vollen Euter herhalten. Frauen sind eben ausdauernd, das ist das Gute an der Überlebensbiologie von Weibchen: sie können gar nicht so schnell aufgeben, sonst würde der Nachwuchs verhungern, was gerade in Krisenzeiten katastrophal wäre. Und solche Zeiten haben wir ja nun wieder, glauben wir den Aussagen der PolitikerInnen, die es ja wissen müssen und die sich gar nicht genieren für ihre Unverfrorenheit, weil diese Krise und dieses notwendige Sparen sie selbst nie trifft. Und die Masse der am Existenzminimum herumsparenden Frauen ist halt so nebulos und unkonkret. Wer kann sich darunter schon was vorstellen? Und wer weiß schon was von Politik, besonders wenn er oder sie noch jung ist? Von Geschichte? Von Frauenbewegung? Von der Realität? Wie bitte? Was bitte?

Da ist es schon leichter den Regierenden (Männern und Frauen, letztere sind um keinen Deut besser) ungeschaut nach dem Mund zu reden und zum Beispiel zu verkünden, dass die vorzeitige Anhebung des Pensionsalters für Frauen ruhig bereits mit dem Jahr 2010 (anstatt wie geplant 2019) vonstatten gehen könne, wie dies die Bundesobfrau der Jungen ÖVP, Silvia Fuhrmann, vorige Woche gefordert hat.

Besch(n)eidungen ...

Hier handelt sich lediglich um ein Beispiel. Eines, das nicht aus der Reihe tanzt, sondern nur herhalten muss, weil es aktuell ist. Denn die Liste der Benachteiligungen und Einschränkungen von Frauen und ihren Rechten hat kein Ende. Die klaffende Einkommensschere weist die Gehälter von Frauen um ein sattes Drittel geringer aus als jene der Männer. Bei den atypisch Beschäftigten finden sich in erster Linie Frauen, was nicht nur weniger Geld bedeutet, sondern auch keinen Anspruch auf sozial- und pensionsrechtliche Absicherungen. Viele Frauen stehen heute und in Zukunft ohne eigene oder mit einer sehr geringen Pension da, obwohl sie ihr Leben lang geschuftet haben. Und nun soll auch noch die Arbeitszeit - ohne Lohnausgleich - verlängert werden, was einer weiteren Einkommensverkürzung gleichkommt. Und solange das Defizit an Kinderbetreuungsplätzen nicht beseitigt wird, wirkt ein anti-frauen-politischer und damit misogyner Kreislauf, der bald nicht mehr zu durchbrechen sein wird.

Aber die Frauen sollen sich gefälligst bescheiden, diesen nicht bloß finanziellen Beschneidungen am besten kommentarlos und willig zustimmen. Immerhin ist Bescheidenheit ja eine weibliche Zier. Und das nicht grundlos. Laut Duden weist dieser Terminus zwei Bedeutungen auf: zum einen "jemanden etwas zuweisen, bestimmen" und zum anderen "jemanden über etwas belehren". Beides ist Frauen vertraut. Und jene, die sich trotzdem auflehnen und Forderungen aufstellen, sind eben Zicken, Hysterikerinnen - es geht euch doch eh so gut, was wollt ihr noch? - und vor allem Emanzen. (Dagmar Buchta)