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"Man kann sich seine eigenen Regeln aufstellen - nie wieder Hausarrest", schildert Karina die positiven Seiten vom Alleinewohnen. Sie zog mit 15 Jahren von zu Hause aus, da sie die Schule abbrechen wollte. Es sei schwierig gewesen, auf sich allein gestellt zu sein, blickt die 22-Jährige zurück.

"Sehr oft rufen Jugendliche bezüglich einer ersten eigenen Wohnung an und erkundigen sich", erzählt die Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits im Gespräch mit dem SCHÜLERSTANDARD. Prinzipiell können Eltern den Aufenthaltsort ihrer Kinder bestimmen, bis diese 18 Jahre alt sind. "Im Gesetz steht aber sehr diffus, dass es Möglichkeiten gibt, früher gegen den Willen der Eltern auszuziehen". Gegeben sei dieser Fall bei eigenem Einkommen oder großem Verantwortungsbewusstsein der Jugendlichen. Über Gericht sei es aber eher unwahrscheinlich etwas zu erreichen. "Denn ohne triftigen Grund wird in die Elternrechte nicht eingegriffen. Die Kinder werden in ihren Rechten wenig unterstützt." Wichtig sei es, über das Unterhaltsrecht informiert zu sein. "Wenn die Eltern zu wenig Unterhalt zahlen, steht den Jugendlichen die Familienbeihilfe zu, die einklagbar ist". Wo Gewalt im Spiel sei, könne man ohne Einwilligung der Eltern über das Jugendamt ausziehen, erläutert Pinterits.

Als Olga mit zwölf Jahren wegen familiären Problemen von zu Hause ausriss, kam sie durch das Jugendamt in eine betreute WG. Danach wohnte sie bei Freunden, bis sie mit 16 ihre eigene Wohnung bezog. "Ich mag die Selbstständigkeit, habe aber auch Angst vor dem Alleinsein", erzählt Olga. Wichtig sei es für sie, ein Haustier zu haben.

"Ich denke, der Trend geht dahin, länger zu Hause zu wohnen", meint Gustav Grieman vom Verein Wiener Wohnberatung zum SCHÜLERSTANDARD. Den Hauptgrund sieht er in den Kosten, weiß aber eine günstige Alternative. Bei der Aktion Jung-Wiener-Wohnen könnten sich Jugendliche ab 18 Jahren unter bestimmten Kriterien vormerken lassen und auch ohne dringenden Wohnungsbedarf eine Gemeindewohnung bekommen. "Das sind zwar keine Luxusgeschichten, aber zumindest eine Startwohnung", so der Wohnberater. Die durchschnittliche Wartefrist beträgt jedoch 36 Monate.

Neuer Lebensrhythmus

"Man ist noch viel zu sehr Kind um auszuziehen, bevor man 18 ist. Es fehlt die führende Hand", meint die 18-jährige Steffi. Man sei den Anforderungen nicht gewachsen. Anderer Meinung ist die gleichaltrige Cosma, die vor einem Monat von Linz nach Wien zog. Obwohl sie ihre Mutter vermisst, geniest sie ihren eigenen Lebensrhythmus. "Niemand sagt einem, man soll sein Zimmer aufräumen".

Doch nicht nur die Jugendlichen leben nach ihrem Auszug allein. "Wir erleben, dass es für Eltern oft sehr schwer ist loszulassen", meint Pinterits. Doch das Verhältnis würde sich oft verbessern. "Manchmal ist es ganz gut sich nicht jeden Tag zu sehen". Die eigenen vier Wände seien außerdem ein großes Symbol der Selbstständigkeit.

(Flora Eder, Julia Grillmayr/DER STANDARD-Printausgabe, 21.9.2004)