Wien - Die Diskussion um Elite-Universitäten in Österreich greift für den Chef der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) und Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, zu kurz. Es bedürfe nicht nur Spitzenleistungen, sondern auch mehr Studierender in Österreich, die nicht so lange studieren wie derzeit üblich. Und bei den Einrichtungen des tertiären Sektors, also Unis, Fachhochschulen, etc. müsse es zu einer Ausdifferenzierung kommen, damit nicht jeder das selbe macht. "Wir brauchen im tertiären Sektor mehr Breite, mehr Spitze und mehr Profil", erklärte Winckler im Gespräch mit der APA.

Die vom Experimentalphysiker Anton Zeilinger vorgeschlagene und propagierte "University of Excellence" ist für Winckler ein "wichtiger Beitrag, um Spitzenleistungen zu stärken". Gleichzeitig müsse man aber schauen, mit welchen Instrumenten mehr Breite und mehr Profilbildung erreicht werden könne. Der Rektoren-Chef mahnt in diesem Zusammenhang eine "längst notwendige umfassende Diskussion zur Zukunft des tertiären Bildungssektors ein". Klar sei jedenfalls, dass Spitzenleistungen auch in Österreich verbleiben müssten.

Winckler verweist auf die überraschend großen Ambitionen der Schweiz im Universitätsbereich. Deren Ziel sei, dass die Spitzenuniversitäten Europas in der Schweiz liegen. "Wenn man die Anstrengungen der ETH Zürich, der Universitäten Zürich, Genf und Basel ansieht - und die sind alle schon unter den Top-100-Universitäten im weltweiten Uni-Ranking der Shanghai Jiao Tong University -, dann sieht man deutlich, dass sie künftig das Mekka der europäischen Universitätslandschaft sein wollen", betonte Winckler.

Das sei eine Herausforderung, die man in Österreich sehen müsse. So wie es in den USA eine regionale Differenzierung gebe, etwa mit vielen guten Einrichtungen im US-Bundesstaat Massachusetts, werde es eine ähnliche Entwicklung in Europa geben. "Wir können aber nicht zulassen, dass die Schweiz zum Massachusetts Europas wird", sagte Winckler.

Wien (APA) - Kritik an der vom Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger konzipierten und propagierten "University of Excellence" übte am Dienstag der Vorsitzende der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft und Vizedekan der Fakultät für Physik der Uni Wien, Gero Vogl, in einem in der Tageszeitung "Die Presse" abgedruckten Offenen Brief. In dem in freundschaftlichem Ton gehaltenen Brief ("Lieber Anton,..") zeigt sich Vogl besorgt, "dass ein angelsächsisches Modell implantiert werden soll, das auf die kontinentaleuropäischen, besonders die Verhältnisse im wissenschaftlich erfolgreichen deutschsprachigen Raum, nicht passt."

Nach Ansicht Vogls, der selbst Experimentalphysiker ist, "beruht unsere Geisteskultur auf der Vielzahl von Universitäten, die gleichberechtigt und ohne Diskriminierung miteinander konkurrieren ... Das schafft eine breite Elite". Diese Vielzahl und Breite sei das Geheimnis des Erfolgs der deutschsprachigen Unis in den vergangenen 150 Jahren und noch heute. Vogl befürchtet zudem, dass Elite-Unis "die Besten und das beste Geld abschöpfen. Und damit die 'normalen' Universitäten tiefer in die Mediokrität (Mittelmäßigkeit, Anm.) treiben". Vogl fordert, nicht nur auf die Nobelpreise, die nach Harvard gehen, zu schielen: "Die sehr guten Leute, die es gerade nicht schaffen, den Nobelpreis zu kriegen, vielleicht auch weil ihnen die Fähigkeit zum Lobbyismus abgeht, sind die viel wichtigeren für unsere Geisteskultur und ebenso für die Erhaltung unseres Wohlstands."

Zeilinger - davon überzeugt, dass in Österreich eine Spitzeninstitution fehlt wie etwa die ETH Zürich in der Schweiz oder das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA - schlägt eine "University of Excellence" mit "primär naturwissenschaftlicher-technischer Ausrichtung und starker Forschungsorientierung vor, die postgraduelle Ausbildung auf höchstem Niveau" anbieten soll. Der Physiker hat sein Konzept bereits dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) vorgestellt. Das Wissenschaftszentrum Wien führt derzeit eine Machbarkeitsstudie durch und prüft die Kosten einer derartigen Flaggschifforganisation. (APA)