"Üben, üben, üben!" Opa Caribaldi (Gerhard Balluch) zeigt der Enkelin (Ninja Reichert) sein Instrument.

Foto: Theater Graz
Graz - Der Sinn und die Vollendung des Lebens liegen vielleicht irgendwo, aber sicher nicht im Jetzt. Was heute noch nicht perfekt ist, soll es spätestens morgen sein - und wenn es in Augsburg ist. Die Macht der Gewohnheit, Thomas Bernhards vor 30 Jahren in Salzburg uraufgeführte bitterböse Komödie über den tyrannischen Zirkusdirektor Caribaldi, dem sein Tingeltangeldasein verhasst ist, macht jetzt in Graz Station.

Marc von Henning inszenierte den ewig verzweifelten Versuch Caribaldis, mit seiner seiltanzenden Enkelin, die ihn allein schon durch ihre Existenz nervt, dem saufenden Dompteur, dem hustenden Jongleur und dem tragischen Spaßmacher Franz Schuberts Forellenquintett einmal fehlerfrei durchzuspielen. Dabei entwarf Henning gemeinsam mit Bühnenbildner Ralph Zeger ein atmosphärisch rundes Bild, eine perfekte Blase, die allerdings nie wirkliche als Komödie abhebt. Traumbildsequenzen mit Glockenspielklängen mögen zwar hübsch sein, helfen dem Rhythmus des Stückes aber nicht. In eine Ecke des Musikzimmers, das schräg gestellt ist wie ein schief geparkter Zirkuswaggon, dringt der schwere Sand der Manege ein.

Darin spielt ein immer mehr wunderbar cholerisch werdender Gerhard Balluch den besessenen Zirkuschef, für den das Leben keinen Spaß machen darf - was seine Beziehung zum Spaßmacher (Katja Hirsch) ebenso stört wie jene zur unterdrückten Enkelin. Ninja Reichert tänzelt als schönes, folgsames Kind, das sich zu früh aufgibt, wie eine Spieluhrenballerina für den Opa. Großartig ist Franz Solars Jongleur: Hass, Liebe und Unterwürfigkeit zum Chef kumulieren in jeder Bewegung, jedem Huster. Martin Bretschneiders Dompteur gleicht eher einem erfolglosen Zuhälter, der sich selbst vor lauter Männlichkeit zu ernst nimmt.


Herz, Nägel und Nerven

Mit Zollstab, Hammer, Nägeln und reichlich Klebeband war unterdessen jemand im Foyer des Schauspielhauses zu Gange. Christian Eisenberger, ein stiller Shootingstar der bildenden Kunst, bestritt den ersten Teil des Projekts Herz und Nerven . Der Kunstverein Rotor und das Schauspielhaus baten bildende Künstler, zu je einer von vier Premieren ein Statement zu schaffen. Der 26-jährige Eisenberger, der seit 2000 in Wien an der Angewandten studiert, zeigt in seiner Installation Unendliche Enträtselung das Streben nach Vollkommenheit und das Scheitern am Weg dorthin: Pedantisch mit Klebeband kokonisierte Objekte, etwa aufgestapelte Gartenstühle oder ein ganzes Fahrrad, stehen und hängen als witzige Mahnmale gegen sinnlosen Perfektionismus im Stiegenhaus und im ersten Stock des Foyers. Ende November folgt Walter Seidls Installation zu Emilia Galotti. (DER STANDARD, Printausgabe vom 18.10.2004)