Wien - Der für Dienstag angesetzte Parteivorstand der FPÖ wird sich noch einmal mit dem Thema Türkei-Verhandlungen auseinander setzen müssen: Hardliner verweisen darauf, dass es immerhin Beschlüsse gebe, denen zufolge "auf allen Ebenen" einem EU-Beitritt der Türkei entgegengewirkt werden solle - und aus Sicht des EU-Abgeordneten Andreas Mölzer bedeutet das: "Man muss jetzt alle Mittel ausschöpfen - und nicht erst dann, wenn es ein Ergebnis gibt. Denn man muss wissen, dass die Aufnahme von Verhandlungen entgegen allen anders lautenden Beteuerungen de facto den Beitritt bedeutet. Und zwar nicht in fünfzehn, sondern in vier bis sieben Jahren mit keinen oder kurzen Übergangsfristen."

Ohnehin sei schon zu viel Zeit verloren worden: "Die Frist, noch ein Volksbegehren durchzuführen, hat man ja schlauerweise verstreichen lassen. Aber sich jetzt hinzusetzen und zu sagen: ,Wir können eh nix verhindern', ist doch absurd. Da hätten wir ja seinerzeit in der Opposition erst recht nichts erreichen können und ergo nichts tun müssen." Im STANDARD-Gespräch nimmt Mölzer französische Parlamentarierinitiativen als Vorbild, die Präsident Jacques Chriac ausdrücklich mitteilen wollen, dass es keine Parlamentsmehrheit für Beitrittsverhandlungen gebe.

Mölzer - der an der Sitzung nicht teilnehmen wird - hat Parteichefin Ursula Haubner brieflich aufgefordert, den Kurs der Partei zu verschärfen, denn mit dem jetzigen Kurs könne die FPÖ nicht reüssieren, "auch wenn ich der Letzte bin, der einen Koalitionsbruch will".

Der Streit um den richtigen freiheitlichen Kurs gegenüber den Türkeiverhandlungen - bei dem die relativ reiche und daher bedeutende Wiener Landespartei Mölzers Haltung teilt - überlagert ein internes Problem der Freiheitlichen. Diese müssen nämlich ihre Parteifinanzen in Ordnung bringen, weil sie noch aus der Zeit vor der Nationalratswahl 2002 "vorsichtig geschätzt fünf Millionen Euro" an Verbindlichkeiten aufgehäuft hat, wie Mölzer zu wissen glaubt.

Da Vorstandsmitglieder persönlich für Schulden haften müssen, sei es Zeit für einen ordentlichen Parteitag, auf dem ein Finanzbericht zu legen wäre und früheren Vorstandsmitgliedern die Entlastung auszusprechen oder eben zu verwehren wäre.

Da die FPÖ seit dem Sommer 2002 auf mehreren außerordentlichen Parteitagen jeweils neue Führungen gewählt hat, sei ohnehin nur mehr schwer zu sagen, wer wann für was haften müsse.

Da aber die persönliche Haftung für Schulden nach drei Jahren verjähre, werde das seit mindestens zwei Jahren bestehende Problem immer drängender. Dabei kann die Partei kaum noch einsparen: Sie hat ihre einzige eigene Immobilie (das Haus der Parteiakademie in Baden) verkauft, die Mitarbeiterzahl halbiert und die Bürofläche ebenso: Seit September begnügt man sich mit einem 350-Quadratmeter-Büro in der Theobaldgasse. (Conrad Seidl /DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2004)