H. Flug
derStandard.at : Ihr habt einen anstrengenden Sommer auf Festivals hinter euch, auf denen ihr das neue Album "Stille Post" schon präsentiert habt, am 3. 11. startet die dazugehörige Tour. Was werdet ihr bieten, was die Fans nicht von den Festivals schon kennen?

Mieze: Einiges. Wir sind nun endlich alleine mit der Platte unterwegs, können bestimmen, wie die Bühne aussieht, haben viel mehr Zeit, uns einzurichten. Auf Festivals sind wir nur eine Band unter vielen. Die Tour wird intimer und persönlicher. Wir haben eine ganz tolle Vorgruppe, FlexEvil, eine Hip-Hop Formation, auf die ich mich selbst furchtbar freue. Außerdem haben wir vor, ein paar Lieder zu spielen, die wir eine ganze Weile nicht mehr gespielt haben. Songs wie "Ekelhaftes Benehmen“" oder "Skandal", die nur auf Singles erschienen sind. Die Fans dürfen sich auf ein schönes, vollwertiges Programm freuen.

derStandard.at: Ihr seid bis Ende Jänner auf "Stille- Post"-Tour, die bisher eure größte ist. Aufgeregt?

Mieze: Und wie! Wir haben diesmal ganz schön viele Leute mit. Haben viele Stücke im Gepäck. Und bis Ende Januar leben wir nur im Tourbus. Das ist ein Doppeldecker, weil wir ja alle oben schlafen. Fernsehen, Mikrowelle, alles da, was man so braucht, außer Duschen. Um Gottes willen, ich fürchte mich jetzt schon.

derStandard.at: Ihr kommt aus Berlin, das in letzter Zeit so etwas wie das "Mekka" junger deutschsprachiger Rock- und Punkbands geworden ist. Was steckt da dahinter? Sollte man als junge Band schon mal die Koffer packen?

Mieze: Es gibt tatsächlich in Berlin viele Bands, die von hier kommen. Aber auch die internationale Szene ist in letzter Zeit sehr gewachsen. Ich selbst kenne viele Leute aus Spanien und den Staaten, doch auch von anderen Städten Deutschlands ziehen viele junge Musiker nach Berlin, einfach weil hier die Mieten in den ausgebauten Fabriksetagen so günstig sind. Die Szene wächst auch deshalb zusammen, weil man sich gegenseitig hilft. Interessant wird sein, wie lange sich das hält, ob der Boom nicht automatisch erst wieder höhere Lebenskosten verursacht.

derStandard.at: Ihr behauptet in vielen Interviews, dass ihr eine politische Band seid. Wie definierst du eure Art von politischem Engagement. Was ist für dich Politik?

Mieze: Politik fängt für mich dort an, wo sich zwei Leute treffen. Da beginnt die Kommunikation, der Kompromiss. Und gerade in einer Band, hab ich viel über Politik gelernt. Wann man sich zurücknimmt, sich einmischt und wie wichtig Entscheidungen sind. Für mich ist Politik, sich auch bewusst zu sein, dass deine Freunde dich beeinflussen und du sie beeinflusst.

derStandard.at: Ihr habt mit der Textzeile "Fragt mich jetzt, woher ich komme, tu ich mir nicht mehr selber leid" in ein Wespennest gestochen. Rechts hat euch sogleich als neue "Lieblingsband" okkupiert, Links hat euch Nationalismus vorgeworfen. Wie tief steckt Deutschland deiner Meinung nach noch in seiner Geschichte fest?

Mieze : Ich glaube wir sind - was die Aufarbeitung betrifft - mitten drinnen. Solche Diskussionen aufgrund eines Liedes halte ich deshalb für durchaus gut. Was bedeutet Heimat? Wohin gehen wir? Was sind unserer Wünsche und Träume, unsere Vorstellungen vom Leben in dem Land, aus dem wir kommen. (mhe)