Wien - Afrika ist ein schwarzer Kontinent mit lauter lebensfrohen Menschen. So schöne Klischees haben wir Nordwestler, die wir auf einer Geschichte der Plünderung dieses Afrika sitzen. Woraus sich das nächste Stereotyp ergibt: ein Kontinent als ewiges Opfer, dem stets unter die Arme gegriffen werden muss. Afrika ist auch peinlich.

Manchmal heißt ein Afrikaner zum Beispiel Omofuma und stirbt uns hierzulande unter den Händen weg. Ein anderes Mal ist er auf jeden Fall ein Drogenhändler, weil seine Haut so verdächtig schwarz ist. Einige unter uns fliegen aber gern "dort hinunter", weil die Einheimischen eine erotische Komponente haben, die manchen reizt.

Und zuweilen kommen schöne, lebensfrohe Menschen aus Afrika "herauf" und zeigen, was sie trotzdem an Lebensfreude draufhaben. Sie tanzen aus ihrer tragischen Umgebung heraus, befeuern nichtafrikanische Bühnen und machen eine Freude. Etwa mit der südafrikanischen Bühnenshow African Footprint. Sie bringen alle Klischees, die uns so rühren, mit: Sie sind jung und kunterbunt gekleidet, sie tanzen gut, sie singen herrlich, und sie lassen ihre Sorgen zu Hause.

Sie zeigen sich uns als Wesen, die noch geerdet sind, als Perkussionskörper in Gumboots und Stepschuhwerk. Auf der Bühne lösen sich alle ihre Konflikte wie von Zauberhand. Sie singen, sie seien stolz darauf, Kinder Afrikas zu sein. So sehen wir sie gern, im Bühnenkasten gut aufgehoben, mit einer von einem afrophilen englischen Produzenten gebastelten, optimistischen Botschaft keimfrei gemacht. Ihr bisschen Politischsein ist mundgerecht verarbeitet. Einmal muss man die Sache ja auch von der Sonnenseite sehen.

African Footprint gibt eine Dosis Exotik her, die ganz legal konsumiert werden kann. Das wirkt aufbauend und beruhigend. Bei so einem Strotzen, das da noch übrig ist, haben wir Nordwestler vielleicht ja doch nicht alles falsch gemacht "da unten". Die packen das schon, mit ihrem Gefühl für Rhythmus! Natürlich mit unserem Know-how.

Sie lassen in unseren Herzen ein paar African Footprints zurück, an die wir uns gern erinnern, wenn wir wieder einmal etwas über Weltmarktpreise von irgendwelchem Agrarzeugs lesen. Die haben den Drive, die können tanzen, und wir haben das Ronacher. Dort erfahren wir zwar die Namen der tollen Tänzer und Sängerinnen nicht, aber wir lesen: "Wolfgang Bocksch proudly presents . . ." Der Rest ist "Afrika"-Süd. Das muss reichen. (ploe/DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2004)