Foto: Alma-Productions
Paulus-Manker-Fans finden die jüngste Alma-Mahler-Produktion interessant genug, um nach Los Angeles zu fliegen, wo ein prächtiges Lichtspieltheater der Fantasie dem Regisseur neue Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Dagegen hütet sich Kaliforniens kulturell aufgeschlossener Mittelstand, das Gastspiel im längst verlotterten früheren Stadtkern in Scharen zu besuchen.

Das "Polydrama" aus der Feder von Joshua Sobol beginnt mit einer Geburtstagsfeier der greisen Musenkönigin: Susi Nicoletti präsidierte souverän einer Schar posthumer Gratulanten in dem eleganten Speisesaal des Sanatoriums Purkersdorf, während zahlende Gäste sich 1997 mit einem Glas Ribiselwein begnügten. In Venedigs Palazzo Zenobio schenkten livrierte Lakaien prickelnden Prosecco ungefragt nach. In der Lobby des ramponierten L. A. Theatre holen sich nun junge Freischärler Bierflaschen an der Theke ab. Stationentheater meint hier: Ein biografisches Vexierspiel ging auf Reisen.

Die Persiflage des in unseren Breiten bewährten Alma - A show biz ans End-Auftritts mag im Guinness-Buch der Rekorde landen. Denn keine lustige Witwe strafte je die Behauptung, sie feiere ihren 125. Geburtstag, so leichthin-beschwingt Lügen. Einer halben Dollar-Million Subventionen ungeachtet kann sich die Alma-Produktion hier in L. A. kein namhaftes Schauspieltalent leisten. Weder Gekreisch noch erotische Akrobatik ersetzen echte Schauspielkunst.

Mankers Prioritäten sind nicht marktorientiert. Die Vorstellung, dass man in Los Angeles auf Schnitzel und Gulasch auf Gmundner Keramiktellern Wert legt, ist provinziell und anmaßend. Die führende Regionalzeitung LA Times hob die beiden exotischen Speisen im Aufmacher des Alma-Berichtes hervor.

Alma ging, seit das eigenwillige Stück vor sieben Jahren in einem niederösterreichischen Jugendstiljuwel begeistert aufgenommen wurde, bedenklich in die Breite. 50 simultane Szenen auf 15 Spielstationen überfordern selbstverständlich die Sinne. Anstatt Nebenfiguren zu ersinnen, darunter ein niedlicher Nackedei, und überflüssigen Dialog einzufügen, gilt es, die Ansprüche zurückzuschrauben oder den Traum von einer Klimax in New York - als dem wahren Finale - aufzugeben.

Knute Kommerz

Alma - A Show biz ans End muss die gesamte kalifornische Gastspielkapazität bis Anfang Dezember verkaufen, um einen Vorschuss für "Big Apple" einzuspielen. Versuche, Fan-Flüge nach L. A. zu organisieren, schlugen fehl.

Übrigens mag das die letzte Chance sein, sich an Almas amourösen Abenteuern hautnah zu ergötzen: Weder Produzent Paulus Manker noch der Österreichische Generalkonsul dementierten, dass der enttäuschende Vorverkauf den kapitalkräftigsten Alma-Sponsor veranlasste, als Bürge und Zahler einzuspringen. Solche Gerüchte löste die Werbung unter der Überschrift "presented locally by Swarovski" aus.

Wie aber konnte einer der Beteiligten auf die Idee kommen, dass ein Budget von umgerechnet 600.000 Dollar ausreiche, um mit einem sexlastigen Knüller den besonders anspruchsvollen kalifornischen Markt zu knacken? Da es keinen guten Grund gab anzunehmen, dass die theatralische Feier von Alma Mahler-Werfels 125. Geburtstag 125 Dollar wert sei, beschloss der Austrian-American Council West, zeitgleich seinen siebten Jahrestag zum Schnuppertarif von 60 Dollar zu feiern.

Wohlweislich hat die Crème der ansässigen Landsleute wenigstens eine kräftige Stützung durch Steuergelder erfahren. Und so warteten Vorstandsmitglieder in der barocken Lobby widerwillig die Vergewaltigung einer schwangeren Alma durch Herrn Manker ab, um am Tatort die Vereinsagenda abzuwickeln. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 11. 2004)