Wien - Im Normalfall stoßen Versammlungen der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) auf nur verhaltenes Interesse der Öffentlichkeit. Die außerordentliche Sitzung des österreichweiten Studentenparlaments am Freitag enthält aber auf Grund der von ÖVP und FPÖ geplanten und von der grün-roten ÖH-Spitze abgelehnten Reform des Hochschülerschaftsgesetzes (HSG) einige Brisanz: Auf der Tagesordnung stehen unter anderem ein Antrag über die Abhaltung einer Urabstimmung über die HSG-Novelle sowie die Auflösung von Rücklagen für eine Kampagne gegen die Reform.

Durch die HSG-Novelle sollen die Studenten die ÖH-Bundesvertretung nicht mehr direkt wählen können. Stattdessen würden bereits ab der nächsten Wahl im Frühjahr 2005 die Mandatare dieses Gremiums von den Universitäts- und Akademievertretungen der einzelnen Hochschulen gemäß der Mandatsstärke der Fraktionen entsendet werden. Die ÖH-Bundesvertretung soll künftig auch mit weniger Geld auskommen: 85 Prozent des ÖH-Budgets sollen fix den Universitätsvertretungen zur Verfügung stehen, der Rest der Bundesvertretung. Bisher lautete der Verteilungsschlüssel 70 zu 30 zu Gunsten der Uni-Vertretungen.

Mandatsmäßig profitieren würden von der Reform tendenziell die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) sowie die unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) - das jeweilige Ausmaß variiert aber von Berechnung zu Berechnung. Unklarheiten gibt es unter anderem wegen der Möglichkeit so genannter "Entsendungskoalitionen" für die Bundesvertretung bei kleinen Unis und wegen der genauen Zurechnung kleiner Gruppierungen an den einzelnen Unis zu den Fraktionen in der Bundesvertretung. Fix ist aber, dass Grün-Rot die knappe Mehrheit von derzeit 24 der 45 Mandate in der Bundesvertretung - bei gleichem Abstimmungsverhaltender Studenten wie bei der letzten ÖH-Wahl - verlieren würde.

Die Fronten pro und contra Reform sind relativ klar: Die AG und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) treten für die Reform ein, die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) klar dagegen - die FLÖ halten den Entwurf trotz möglicher Gewinne für sie wegen der "blauschwarzen Umfärbung der ÖH-Bundesvertretung" zwar für einen "schlechten Scherz", können sich mit der Grundtendenz der Stärkung der Universitätsvertretungen aber durchaus identifizieren. So verlangen sie etwa die automatische Verankerung der jeweiligen Hochschülerschafts-Vorsitzenden an den einzelnen Unis in der Bundesvertretung.

Ähnlich verlaufen die Ansichten der einzelnen Universitätsvertretungen: Die AG-dominierten Hochschülerschaften etwa an der Wirtschaftsuniversität (WU) und der Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck treten für die Reform ein, die grün-rot beherrschten wie die Uni Wien klar dagegen. Wo die Fachschaftslisten bzw. verwandte Fraktionen die Vorsitzenden stellen, finden sich sowohl Grundsatz-Kritik (Uni Klagenfurt: "politische Umfärbung") als auch gemischte Stellungnahmen wie etwa an der Universität Graz, wo man für die Bereinigung von "Unsauberkeiten und Detailproblemen" eintritt.

Kritik üben auch Vertreter der Pädagogischen Akademien: Bei der Wahl zu den Akademienvertretungen gebe es kein Listen-, sondern ein Persönlichkeitswahlrecht, so der Vorsitzende der Vertretung an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien, Harald Knecht, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Damit wäre auch keine in der HSG-Novelle vorgesehene Entsendung von Vertretern "wahlwerbender Gruppen" in die Bundesvertretung möglich.

Im derzeit 45 Sitze umfassenden Studentenparlament verfügen derzeit GRAS und AG über je 14 Mandate und der VSStÖ über zehn. Die FLÖ kommen auf drei, der KSV auf zwei sowie das Liberale StudentInnenforum (LSF) und der RFS auf einen Sitz. (APA)