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Birgit Minichmayr (Beste Schauspielerin) im Rahmen Preisverleihung "Nestroy 2004" am Samstag, 20. November 2004 im Wiener Ronacher

Foto: apa/HERBERT PFARRHOFER
+ Wien - am Samstagabend wurden zum fünften Mal die "Nestroy"-Theaterpreise verliehen. Wie im Vorjahr war das Wiener Ronacher Schauplatz der Gala. Die Auszeichnung wurde in elf Kategorien vergeben.

Der Wiener Regisseur und Theaterleiter Hans Gratzer erhält den "Nestroy" für sein Lebenswerk, US-Dramatiker Edward Albee für "Die Ziege oder Wer ist Sylvia?" den Autorenpreis, das kleine Wiener Kabinetttheater für seine außergewöhnliche Theaterarbeit, im Speziellen für "Sündenfälle" die Auszeichnung als beste Off-Produktion.

Den "Nestroy" für den besten Nachwuchs erhielt Xaver Hutter als Karl Rossmann in "Amerika" (Franz Kafka) und als Nannerl in "Mozarts Vision" (Franzobel) in Produktionen des Volkstheaters Wien. Xaver Hutter, Jahrgang 1976, hatte mit seiner Hauptrolle in Stefan Ruzowitzkys "Tempo" einen fulminanten Star als Filmschauspieler.

Für seine Darstellung des "Csiwi" in Michael Bindlechners Film "In Heaven" wurde ihm der Max-Ophüls-Preis 1999 als "Bester Nachwuchsdarsteller" verliehen. Als Theaterschauspieler wurde er kürzlich bereits mit einem Karl Skraup-Preis des Volkstheaters ausgezeichnet. Hutter bedankte sich für seinen "Nestroy" mit einem intensiven Blick und einem "Yeah, Baby! Danke!"

Preis für Beste Nebenrolle an Johann Adam Oest

Für die beste Nebenrolle wurde Johann Adam Oest für seine Rolle des TV-Journalisten Ross in Edward Albees "Die Ziege oder Wer ist Sylvia?" in Andrea Breths Akademietheater. Oest zählt seit langem zu der Stammmannschaft des Burgtheaters und hat dort, aber auch an vielen anderen Bühnen im deutschsprachigen Raum mit subtilen, hintergründigen Rollengestaltungen eine Vielzahl von Aufführungen geprägt.

Der "Nestroy" für die Beste Ausstattung ging an Martin Zehetgruber für die kühle und multifunktionale Großraumbürolandschaft, die er für Schillers "Don Carlos" in das Burgtheater stellte. Zehetgruber (geb. 1961 in Bruck an der Mur) ist einer der prominentesten und meist gefragten Ausstatter der jüngeren Generation. Heuer schaffte er den Hattrick, da er bereits 2001 (für "Glaube und Heimat") und 2002 (für "Letzter Aufruf") mit "Nestroys" bedacht wurde. Entsprechend kurz und routiniert erledigte er die Danksagung - Hutters Abend-Rekord konnte er jedoch nicht brechen.

Der "Nestroy" für den Bester Schauspieler wurde von Nikolaus persönlich überreicht. Dieser kam laut eigener Aussage in Vertretung des lieben Gottes (und wurde von einem Mitglied des Grazer "Theater im Bahnhof" gespielt), denn nur der dürfe den Preis für den "besten, schönsten und geilsten Schauspieler" vergeben. Jahresbester wurde völlig überraschend Toni Slama als Adam in "Automatenbüfett" von Anna Gmeyner im Theater in der Josefstadt.

Nach seinem Abschluss am Max Reinhardt-Seminar in Wien war Toni Slama u. a. am Burgtheater, am Nationaltheater Mannheim, am Schillertheater Berlin, am Staatstheater Stuttgart und an den Städtischen Bühnen Frankfurt engagiert. Seit 1995 ist er Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt, hatte aber selten Hauptrollen zu spielen. Entsprechend überrascht und glücklich war der Preisträger: "Was soll ich sagen?", meinte er und erinnerte daran, dass die Produktion "die letzte Premiere der kurzen Direktionszeit von Hans Gratzer" war: "Danke an ihn und sein Team."

Birgit Minichmayr ist Beste Schauspielerin

Den Nestroy für die Beste Off-Produktion erhielt das kleine Wiener Kabinetttheater überreicht. Der Preis wurde für die außergewöhnliche Theaterarbeit der literarisch und zeitgenössisch arbeitenden Figurentheaterbühne verliehen, im Speziellen für die Produktion "Sündenfälle". "Eigentlich sollten ja die Puppen hier sprechen", meinte Mit-Gründerin und -Leiterin Julia Reichert.

Den "Spezialpreis" erhielt das von Julia Schafranek geleitete "Vienna's English Theatre" für die langjährige kontinuierliche und qualitätsvolle englischsprachige Theaterarbeit in der Bundeshauptstadt sowie im Besonderen für den Spielplan der vergangenen Saison. Schafranek bedankte sich für dieses "Zeichen der Anerkennung" und widmete den Preis ihren verstorbenen Eltern, die das Theater vor 40 Jahren gegründet hatten.

Beste Regie an Stephan Kimmig für seine Inszenierung von "Das goldene Vließ"

Mit dem "Nestroy" für Beste Regie wurde Stephan Kimmig für seine Inszenierung von "Das goldene Vließ" von Franz Grillparzer am Burgtheater ausgezeichnet. Er holte in aufregender Art und Weise einen klassischen Dramentext ins Heute und verlieh dem antiken Stoff zeitgenössisches Aussehen. Der 45-jährige Stuttgarter gilt als einer der wichtigsten deutschen Regisseure der jüngeren Generation. In München ausgebildet, hat er in den Niederlanden und Belgien, in Berlin, Freiburg, Stuttgart, Graz und Hannover reüssiert. Bereits im Vorjahr war er für seine Hamburger "Nora" für einen "Nestroy" nominiert. In seiner Dankesrede erinnerte er sich daran, dass ausgerechnet in der Endprobenzeit dieses Stückes, in dem zwei Kinder umgebracht werden, seine zweite Tochter zu Welt kam - was ziemlich gemischte Gefühle verursacht habe. Dennoch wäre es "eine ganz geile Zeit" in Wien gewesen.

Beste Schauspielerin wurde Birgit Minichmayr für ihre Medea in "Das goldene Vließ" von Franz Grillparzer im Burgtheater. Minichmayr wurde am 3. April 1977 in Linz geboren. Noch während ihres Schauspielstudiums am Wiener Max Reinhardt Seminar debütierte sie im Herbst 1999 im Burgtheater-Kasino als Dirne in Arthur Schnitzlers "Reigen". Für ihre Darstellung der Rosa Blau in Karlheinz Hackls Nestroy-Inszenierung "Der Färber und sein Zwillingsbruder" im Burgtheater wurde sie mit dem "Nestroy" als beste Nachwuchs-Schauspielerin ausgezeichnet. 2003 erhielt sie den Ulrich-Wildgruber-Preis. Mit Beginn dieser Saison wechselte Minichmayr - trotz "Birgit, bleib in Wien!"-Rufen bei der "Vließ"-Premiere - vom Burgtheater an die Berliner Volksbühne. Den Preis würde sie mit nach Berlin nehmen, "als Erinnerung an eine ganz tolle und schöne Zeit am Burgtheater", sagte Minichmayr. (APA)