Bild: FH Hagenberg

Der Weg zur Fachhochschule Hagenberg - weit über die oberösterreichischen Landesgrenzen bekannt als Kaderschmiede für künftige Softwarespezialisten - führt durch die im November bereits tief winterliche Hügellandschaft des Mühlviertels. Rund 30 Autominuten benötigt man, um von Linz an jenen Ort zu gelangen, wo seit 1993 die ländliche Idylle einer 2500-Seelen-Gemeinde auf den bunten Alltag von jungen Absolventen einer innovativen Fachhochschule trifft.

"Natürlich gibt es auch gewisse Vorurteile unter den Hagenbergern gegenüber uns Studenten. Manche haben einfach Angst, dass das friedliche Ortsbild unter dem schrillen Campus-Leben leidet", erzählt der Obmann des Studentenvereins an der Fachhochschule, Sam Moser, im Gespräch mit dem STANDARD.

"Wir sind eine Familie"

Man versuche deshalb, so Moser, die Bevölkerung ganz bewusst auch in die Freizeitaktivitäten am Software-Campus mit einzubinden. Und die Auswahl an Entspannungsprogrammen abseits der insgesamt neun Studiengängen ist vielfältig: "Wir absolvieren hier unser Studium eigentlich in einer - verglichen mit typischen Universitätsstädten wie Wien - ziemlichen Abgeschiedenheit und müssen daher in der Gestaltung unser Freizeit selber sehr aktiv sein", erzählt Moser.

Prinzipiell würden eigentlich alle Ideen der Studenten verwirklicht werden, und deshalb reiche das Freizeitangebot von asiatischen Kampfsportarten über einen Skateboard-Contest bis hin zu den legendären "Eiskellerfestln" tief in den Gewölben von Schloss Hagenberg.

"Irgendwie schweißt uns diese Einöde hier doch ziemlich zusammen, und wir sind fast so etwas wie eine große Familie", wird der in schwarzen Nadelstreif gehüllte und mit silbernem Notebook bestückte Studentensprecher für einen Augenblick melancholisch.

Auch vonseiten der Lehrenden ist man sich der Wichtigkeit des studentischen Freizeitvergnügens bewusst. "Wenn wir attraktiv bleiben wollen, müssen wir einfach diese 30 Kilometer Entfernung zur nächsten Großstadt durch ein spezielles Angebot für unsere rund 1200 Studenten - etwa 600 davon wohnen in Hagenberg - wettmachen", so Studiengang-Leiter Thomas Müller-Wipperfürth gegenüber dem STANDARD,

Gelungen scheint dieses "Wettmachen" vor allem mit dem soeben fertig gestellten Neubau der Fachhochschule. Dort verfügen die Studenten in Zukunft über Film- und Tonstudio, Mensa und einen multifunktionellen Hörsaal. "Der kann ganz nach Belieben zum Beispiel in einen Kinosaal verwandelt werden und hält mit seiner Dolby-Surround-Anlage auch jedem Rockkonzert stand", schmunzelt Müller-Wipperfürth.

"Zählen keine Kühe"

Für künftige Diskussionen abseits von Bits und Bytes haben die Studenten ab sofort auch die räumlichen Möglichkeiten, ein eigens Pub zu eröffnen. "Wir wollen auf jeden Fall endlich dieses furchtbare Image abschütteln, dass hier in Hagenberg nur verschrobene Computergenies sitzen, die in der Freizeit, eingehüllt von grauem Nebel, die Kühe auf der Weide zählen. Wir sind engagierte junge Menschen, die die tolle Ausbildung und das familiäre Miteinander hier schätzen", so die einhellige Meinung einer Schar von Absolventen, die gerade in der hauseigenen Kantine "MegaBite" ihr Mittagsmahl verzehren.

Eine Ansicht, die auch von den Professoren geteilt wird: "Wir kämpfen irgendwie bis heute gegen den Mythos Hagenbergs vom ,Zauberberg mit Betonköpfen' an", bedauert Studiengangleiter Wilhelm Burger. Architektonisch ist der "Brückenschlag zur Außenwelt" aber bereits gelungen: Vom Neubau führt eine Brücke direkt ins Ortszentrum von Hagenberg.

(Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 20./21.11.04)