Wien - Die SPÖ macht weiter Druck für eine gemeinsame Schule bis zum Alter von 15 Jahren. "Alle Erkenntnisse der Erziehungswissenschaften sprechen dieselbe Sprache: eine Differenzierung bereits im zehnten Lebensjahr ist zu früh. In dem Alter lässt sich das Lernpotenzial noch nicht prognostizieren", so SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser in einer Aussendung am Mittwoch. Die "neue österreichische Schule" dürfe nicht mit dem zehnten Lebensjahr "die Kinder in Kästchen hineinstecken, aus denen sie nicht hinauskommen. Wenn wir das tun, verschleudern wir das Potenzial unserer Gesellschaft", so Niederwieser.

Außerdem sei das derzeitige System ineffizient. "Man müsste sehr viel mehr Geld in unser Schulsystem stecken, um dieselben Ergebnisse zu erzielen wie Länder, die ein System der gemeinsamen Schule bis 15 Jahre haben", meinte der SPÖ-Politiker. Die Diskussion dürfe auch nicht mit ideologischen Scheuklappen angegangen werden, so Niederwieser in Richtung ÖVP.

Grüne: "Monatelange Scheindiskussion"

Auch Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen kritisierte am Mittwoch in einer Aussendung die Reaktion der Regierung: "Eine monatelange Scheindiskussion, in der von der ÖVP trotz gegenteiliger Aussagen die alten Scheuklappen hervorgezogen und Denkverbote verteilt werden, wird die Bildungsprobleme nicht lösen", warnte er - und bekräftigte, dass die Grünen am Donnerstag im Nationalrat eine Dringliche Anfrage an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) einbringen wollen.

Anders als Niederwieser sieht die Frage der gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen die Vorsitzende des Verbands der Elternvereine an den höheren und mittleren Schulen Wiens, Christine Krawarik. Die Gesamtschule sei "kein Allheilmittel zur Bewältigung der 'PISA Krise'". Schulversuche in Wien würden unterschiedliche und manchmal sehr unerfreuliche Ergebnisse zeigen. Außerdem seien "Lesen und Rechnen Fertigkeiten, die man in der Volksschule, wo es noch keine Trennung gibt, erlernen müsste". Kurzfristig müsse die Frühförderung, vor allem das Erlernen der deutschen Sprache, bereits vor der Schulpflicht beginnen. Individuelle Förderung bei Stärken und Schwächen sollten forciert und weniger Schüler in eine Klasse gesetzt werden, so Krawarik in einer Aussendung.

Eine allzu einseitige Ausrichtung des PISA-Tests auf leistungsbezogene Fragen hat inzwischen der Lehrerverband Education International kritisiert. Die Regierungen dürften die Ergebnisse der Studie deshalb nicht als einzigen Maßstab für die Qualität des Unterrichts betrachten, erklärte die weltweite Dachorganisation von Lehrergewerkschaften am Dienstag in Brüssel. Wichtige Fächer wie Geschichte, Literatur, Geografie und Kunst würden bei PISA ebenso wenig untersucht wie soziale Fähigkeiten der Schüler. (APA)