Einer muss der Letzte sein. Diesmal war es Mexiko. Hatte man bei Pisa 2000 wenigstens noch Brasilien überrundet (im Bereich Naturwissenschaften gleich um neun Plätze), belegen die mexikanischen Schüler beim aktuellen OECD-Ranking in allen Kategorien den letzten Platz. Brasilien wird bei Pisa 2003 allerdings gar nicht mehr unter den besten 29 Ländern angeführt.

Voreilige Interpretationen der Schulleistungen im lateinamerikanischen Staat sind jedoch nicht angebracht, schließlich erfolgt Bildungsvermittlung in Mexiko unter erschwerten Bedingungen.

Landflucht, Armut, über 30 verschiedene Volksgruppen - all das macht die Lernerfolge nicht gerade leichter. Mexiko hat rund 98 Millionen Einwohner, die Bruttosozialprodukt-Ausgaben (BSP) pro Kopf betragen hier rund 9023 US-Dollar. Zum Vergleich: Finnland hat bei rund fünf Millionen Einwohnern ein BSP-Aufkommen von 24.996 US-Dollar pro Kopf. Auch der Analphabetismus ist unter Mexikos Bevölkerung über fünfzehn Jahren hoch: Rund 8,6 Prozent können weder lesen noch schreiben.

Eliteuni oder Arbeit

"Mexiko ist ein Land mit riesigen Kontrasten", erklärt Rafael Donnadío, Leiter der Kulturabteilung an der mexikanischen Botschaft in Wien, im Gespräch mit dem STANDARD. Während etwa die Kinder der Reichen Eliteunis, wie das Instituto tecnológico de Monterrey besuchen, können es sich viele Familien nicht einmal leisten, ihre Kinder in die sechsjährige Grundschule, die Primaria, zu schicken. Dabei ist die in Mexiko gratis. Und eigentlich verpflichtend. Es gilt, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen, auch mithilfe der Kleinsten.

Wer die Grundschule besuchen kann, wird allerdings stark gefördert und ist damit gerüstet, für die weitere schulische Laufbahn. "In die ,primarias' investieren wir am meisten Geld", sagt Donnadío. Auch die Schulbücher werden gratis zur Verfügung gestellt.

Wer durchkommt (auch in Mexiko gibt es ein Notensystem), kann in die so genannte "Secundaria" aufsteigen. Die Mittelschule dauert drei Jahre und mündet für viele direkt in die ebenfalls drei Jahre dauernde "Preparatoria". Diese "Vorbereitungsschule" ebnet jenen, die es sich leisten können, den Weg zur Universität. Die größte und renommierteste ist die UNAM, Mexikos Nationaluniversität.

"Bei der Pisa-Studie werden Länder mit einer völlig anderen wirtschaftlichen Entwicklung verglichen", versucht Kulturattaché Donnadío das schlechte Ergebnis seines Landes zu deuten. Denn die Unterschiede sind offenkundig.

Auch in der Gestaltung des Schulbetriebs selbst unterscheidet sich Mexiko deutlich von Österreich: Die meisten Kinder tragen eine Schuluniform und zu Beginn des Unterrichts wird die Nationalhymne gesungen. Der Tagesbeginn ist für die Schüler hier und da aber gleich: Um acht Uhr läutet die Glocke. (Karin Moser, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 13.12.2004)