Voreilige Interpretationen der Schulleistungen im lateinamerikanischen Staat sind jedoch nicht angebracht, schließlich erfolgt Bildungsvermittlung in Mexiko unter erschwerten Bedingungen.
Landflucht, Armut, über 30 verschiedene Volksgruppen - all das macht die Lernerfolge nicht gerade leichter. Mexiko hat rund 98 Millionen Einwohner, die Bruttosozialprodukt-Ausgaben (BSP) pro Kopf betragen hier rund 9023 US-Dollar. Zum Vergleich: Finnland hat bei rund fünf Millionen Einwohnern ein BSP-Aufkommen von 24.996 US-Dollar pro Kopf. Auch der Analphabetismus ist unter Mexikos Bevölkerung über fünfzehn Jahren hoch: Rund 8,6 Prozent können weder lesen noch schreiben.
Eliteuni oder Arbeit
"Mexiko ist ein Land mit riesigen Kontrasten", erklärt Rafael Donnadío, Leiter der Kulturabteilung an der mexikanischen Botschaft in Wien, im Gespräch mit dem STANDARD. Während etwa die Kinder der Reichen Eliteunis, wie das Instituto tecnológico de Monterrey besuchen, können es sich viele Familien nicht einmal leisten, ihre Kinder in die sechsjährige Grundschule, die Primaria, zu schicken. Dabei ist die in Mexiko gratis. Und eigentlich verpflichtend. Es gilt, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen, auch mithilfe der Kleinsten.
Wer die Grundschule besuchen kann, wird allerdings stark gefördert und ist damit gerüstet, für die weitere schulische Laufbahn. "In die ,primarias' investieren wir am meisten Geld", sagt Donnadío. Auch die Schulbücher werden gratis zur Verfügung gestellt.
Wer durchkommt (auch in Mexiko gibt es ein Notensystem), kann in die so genannte "Secundaria" aufsteigen. Die Mittelschule dauert drei Jahre und mündet für viele direkt in die ebenfalls drei Jahre dauernde "Preparatoria". Diese "Vorbereitungsschule" ebnet jenen, die es sich leisten können, den Weg zur Universität. Die größte und renommierteste ist die UNAM, Mexikos Nationaluniversität.
"Bei der Pisa-Studie werden Länder mit einer völlig anderen wirtschaftlichen Entwicklung verglichen", versucht Kulturattaché Donnadío das schlechte Ergebnis seines Landes zu deuten. Denn die Unterschiede sind offenkundig.