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Lange Karrieren beim Heer werden jetzt auch akademisch gewürdigt

Foto: APA/Pfarrhofer
Wien - Große Feiern waren nicht angesetzt, aber wenigstens Türtafeln und amtliche Visitenkarten konnten verdientermaßen ausgetauscht werden: General Roland Ertl hat, spät aber doch, akademische Würdigung erfahren. Mit ihm rund 120 höchstrangige Offiziere, deren Ausbildung bis zurück zum achten Generalstabskurs (1975 bis 1978) als "Studium irregulare" an der Universität Wien anerkannt und mit einer Sponsion zum Magister belohnt wurde.

Die späten Ehren für die Generalstäbler - deren bisherige Auszeichnung darin bestand, dass sie ihrem Offiziersrang das Kürzel "dG" für "des Generalstabs" setzen durften - haben in der Heeresverwaltung für Kopfschütteln gesorgt: Zivil ausgebildete Akademiker, die wie jeder andere Student im Zivilleben ein reguläres Studium abgeschlossen haben und dann in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, fühlen sich durch die "nachgeschmissenen" akademischen Grade für die Generalstäbler (deren Generalstabsausbildung in gut bezahlter Dienstzeit erfolgt ist) verhöhnt.

Türtafeln entfernt

Walter Tancsits, ehemaliger Berufsoffizier und heute ÖVP-Abgeordneter spottet im STANDARD-Gespräch: "Ich habe meine Diplomarbeit seinerzeit zur Sicherheitspolitik geschrieben - darf ich mir jetzt nachträglich ein ,dG' zu meinem Magistertitel stellen?" Im neuen Verteidigungsministerium in der Rossauer Kaserne hat der eine oder andere zivile Akademiker aus Protest den akademischen Grad von seinem Türschild entfernt, um nicht mit den wissenschaftlich minder qualifizierten Generalstäblern in einen Topf geworfen zu werden.

Genüsslich erzählen die zivilen Akademiker, welche Themen von der Universität Wien im Zuge des Anerkennungsverfahrens als einer Diplomarbeit gleichgestellt gewertet wurden. So hat sich der Kärntner Militärkommandant, Generalmajor Gerd Ebner, seinen Magistertitel mit einer Studie über die "Schießausbildung an Handfeuerwaffen - Vergleiche mit dem Ausland" erschrieben.

Evaluierung

Tatsächlich ergab eine Evaluierung der schriftlichen Arbeiten von Teilnehmern des Generalstabskurses in einem Workshop bereits im April 2000, dass einige Arbeiten nicht annähernd wissenschaftlichen Standards gerecht werden: "Es bleibt somit völlig unklar, was Gegenstand/Fragestellung der Arbeit ist", heißt es im abschließenden Bericht. Andererseits ließen manche Arbeiten den Bezug zum Studieninhalt - militärische Führung - vermissen.

Die zu späten akademischen Ehren gekommenen Generalstabsoffiziere sehen das ganz anders: Sie verweisen darauf, dass die jetzige Ausbildung der Generalstabsoffiziere durchaus auf ein wissenschaftliches Niveau gehoben wurde, dass die Kursteilnehmer einen Teil ihrer Ausbildung (etwa in Politikwissenschaft) an der Uni Wien absolvieren - und schließlich, dass auch schon in den Siebzigerjahren universitäres Lehrpersonal an der Landesverteidigungsakademie, der Trägerorganisation der Generalstabsausbildung, tätig war.

Einige Generalstabsoffiziere hätten auch noch Prüfungen nachmachen müssen.

Schließlich gehe es auch um den internationalen Vergleich: In den meisten Ländern wurde die höhere Offiziersausbildung schon vor Jahrzehnten akademisiert, die US-Akademie Westpoint und die Universität der Bundeswehr sind international hoch angesehen. Um dort weiterstudieren zu können, brauche man universitäre Zeugnisse aus dem Heimatland - aber damit kann die Landesverteidigungsakademie nicht dienen: Der Generalstabsausbildung wurde nämlich nie per Gesetz universitärer Charakter zuerkannt. Dienstrechtlich gelten Generalstäbler nur im Verteidigungsressort als A-Beamte. (DER STANDARD, Printausgabe 29.12.2004)