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Süße Träume an der reichsten Uni der USA

Foto: AP/DANIEL HULSHIZER

Die Harvard University verliert ihren Finanz-Manager: Jack R. Meyer verlässt die Elite-Schule in Cambridge (Massachusetts), um seinen eigenen Anlagefonds zu gründen. In den 15 Jahren seiner Anstellung hat er das Vermögen der Hochschule von fünf auf zuletzt 23 Milliarden Dollar (17,4 Mrd. Euro) gesteigert. Kritiker werfen ihm allerdings vor, seinen Mitarbeitern zu hohe Gehälter bezahlt zu haben. In einem Schreiben an Harvard-Präsident Lawrence Summers protestierten elf Absolventen der Hochschule gegen diese Praxis.

Die reichste Uni

Meyers Abgang könnte der unorthodoxen Investmentstrategie von Amerikas berühmtester Universität ein Ende bereiten. Unter Meyer wurde die Harvard Management Company, die zugleich als gemeinnütziger Verein eingetragen ist, wie ein Hedge-Fonds betrieben: Bestehende Wertpapierpositionen werden gegen negative Kursentwicklungen am Terminmarkt abgesichert. Auf diese Weise hat Meyer den Harvard-Fonds bei einer durchschnittlichen Rendite von 15,9 Prozent im Jahr zur reichsten Universität gemacht. Allein im vergangenen Fiskaljahr nahm das Vermögen der Bildungsstätte um 21,1 Prozent zu.

Ständiger Anstieg der Gebühren

Nicht nur die anderen Universitäten hat Meyer mit diesem Ergebnis überrundet, sondern auch die Performance seiner Kollegen in der Hedge-Fonds-Branche insgesamt. Seine fünf Spitzenmitarbeiter und er selbst wurden entsprechend belohnt: Der Fonds zahlte im vergangenen Fiskaljahr insgesamt 78,4 Millionen Dollar, einschließlich 7,2 Millionen Dollar für Meyer.

Etliche einflussreiche frühere Harvard-Absolventen fragen sich aber, wie die Universität angesichts einer derart hohen Kapitaldecke und der fürstlichen Manager-Gehälter den ständigen Anstieg der Studiengebühren rechtfertigen könne. Auch die Steuerbehörde beschäftigt sich zunehmend mit "not-for-profit"-Organisationen, also Einrichtungen ohne Gewinnmotiv.

Die "Harvard-Praxis"

Seit Jahren beschäftigt Harvard Geldmanager, solange sie überdurchschnittliche Renditen erzielen, und zahlt die in der Branche üblichen Gehälter. Doch die wenigsten anderen Hochschulen haben dieses Modell angenommen. Die University of Texas, deren Stiftung mit 13 Milliarden Dollar an zweiter Stelle steht, lässt den Bärenanteil ihrer Mittel von unabhängigen Finanzkonzernen managen. Texas U, wie sie genannt wird, hat ihre Investmentaktivitäten 1996 ausgegliedert und dem Geldmanager Bob Boldt unterstellt.

Boldt verdiente im vergangenen Jahr knapp 700.000 Dollar und könnte es heuer auf fast eine Million bringen - etwa acht Mal weniger als Meyer. Die Hochschulkultur und die Wall Street passen im Urteil des Fondsmanagers Louis R. Morrell an der Wake Forest University nicht zusammen. "Die Harvard-Praxis wird sich nicht durchsetzen", so Morrell. Für die Suche nach Meyers Nachfolger hat Harvard einen Ausschuss eingesetzt, dem der frühere amerikanische Finanzminister Robert Rubin angehört.

Privat geführt und finanziert

Der Reichtum der amerikanischen Bildungsstätten hat zwei Gründe: zum einen sind die meisten US-Hochschulen privat geführte und finanzierte Institutionen. Da sie einen erheblichen Teil ihrer Ausgaben durch Dividendenausschüttungen, Zinszahlungen und Einnahmen aus Immobilien in ihrem Besitz beziehen, legen sie ihr Geld bestmöglich an der Börse an. Zum anderen sammeln die Hochschulen kontinuierlich bei ihren Absolventen. Viele Privatunis haben deshalb so viel Geld, dass sie eigentlich auf Gebühren verzichten könnten. Die Stanford University überlegt sich diesen Schritt sogar ernsthaft. Ihr geht es hauptsächlich darum, die besten High-School-Abgänger an Land zu ziehen. (APA)