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AP Photo/The Daily Messenger, Vasiliy Baziuk

Mayas, Tolteken und Azteken pflegten mit Kakaobohnen für Lebensmittel und Sklaven zu bezahlen. In Europa wurde das herbe Genussmittel zur süßen Schokolade aufbereitet, die bis zur Entwicklung des Schokoriegels vor allem getrunken wurde. Luzia Schrampf testet Trinkschokoladen.

Reisenden unter den Schokoladefreaks sind sie möglicherweise nicht ganz unbekannt, die Trinkschokoladen im Caffè Florian in Venedig zum Beispiel, das für schwere Fälle von Abhängigkeit übrigens einen Internetshop hat. Oder in den "Granjas" in Barcelona, jenen kleinen Bars/Konditoreien, wo man beim Frühstück fette Churros (Buttergebäck) ins heiße Schokogetränk taucht. Die Stadt rühmt sich übrigens, für Schokolade das "Tor zu Europa" gewesen zu sein, da hier in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, so sagt man, erstmals Kakao auf europäischen Boden gebracht wurde. Jedenfalls ist das dortige Schokolademuseum ein lohnendes Ziel, falls man einen Feldversuch in Sachen Schoko zu starten gedenkt. Die an Pilgerstätten wie diesen verabreichten Heißgetränke bleiben jedenfalls im Gedächtnis: Zum süß-herben Schokogeschmack kommt auch das haptische Vergnügen einer mollig-weichen Textur, ein Gesamtkunstwerk, das die Mundhöhle ausfüllt und alles in allem ein Glücksgefühl auf zwei Monate im Voraus vermitteln kann.

Trinkschokolade ist nicht heißer Kakao. Kakao ist das Pulver aus der Kakaobohne, das mit Milch aufgekocht wird. Schokolade wird sozusagen in der "Rohfassung" aus Kakaopulver mit Zucker und Fett aufbereitet. Herkunft der Sorten, Mischungsverhältnisse und Rezepturen sind Produzentengeheimnisse. An Grundprodukten kommen im Idealfall – teure – Kakaobutter, (unraffinierter) Rohrzucker, echte Vanille und Milch zum Einsatz. Weitere Beigaben wie Stärke, andere tropische Pflanzenfette als Ersatz oder Ergänzung für Kakaobutter, künstliches Vanillin oder Sojalecithin sind seit Anfang 2004 EU-weit in der Schokoladenverordnung definiert. In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass Inhaltsstoffe von Schokolade wie Theobromin, Koffein oder Polyphenole den "guten" Cholesterinspiegel im Blut und den Serotoninspiegel im Gehirn positiv beeinflussen. Aber trotz all dieser Meriten macht Schokolade im Übermaß natürlich leider nach wie vor dick.

Getestet wurde eine Auswahl an Produkten, welche unter der Bezeichnung "Trinkschokolade" im Handel erhältlich sind oder "Schokolade" in welcher Schreibweise auch immer auf der Verpackung anführen, dazu eine Version Eigenbau. Bewertet wurden Geschmack, Gefühl im Mund oder "mouthfeel", ein Begriff aus der Weinsprache, der die Textur im Mund beschreibt, und Aufwand bei der Zubereitung, die nach den Herstellerangaben auf der Packung ohne zusätzliche Süßung erfolgte.

Bilanz:

Chocolatier ist nicht von ungefähr ein Berufsstand mit viel Know-how und Tradition. Ein Blick auf die Zutatenliste der Packung lohnt sich jedenfalls. Man muss für sich entscheiden, wie "nature" man es haben möchte. Geschmacklich haben aber auch "bearbeitetere" Produkte einiges zu bieten. Aufwändige Zubereitung – es fiel das Wort "Patzerei" – darf als Vorspiel zu höheren Freuden gewertet werden.

1. Eigenbau mit "Chocolade Manner, 70 % Cacao" mit heißer Milch aufgerührt
Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Bourbon Vanille "und sonst nichts" (O-Ton); 1,59 € à 150-g-Tafel im Mannershop, Stephansplatz. Die Schokolade nach Originalrezeptur aus 1895 ist seit etwa vier Wochen am Markt und eigentlich zum Essen gedacht; Zubereitung ebenso wie bei Cluizel (siehe Nr. 2.). Prächtiges Schokobraun, die Schokolade löst sich fein auf. Milch keinesfalls zu heiß werden lassen, sonst schmeckt's bitter. Perfekte Balance von Süße und schokoladiger Herbe; minimaler Nachteil: Es bildet sich relativ bald eine Milchhaut (-0,1 Pkt.), extreme Balance im Geschmack; mittlere Viskosität, durch Milchmenge aber sehr gut steuerbar. 9,9 Punkte

2. "60 % Kakao Edelbitterschokolade mit Café", Michel Cluizel, Chocolatier, Paris
Kakao, Rohrzucker, Café, Bourbon Vanille; 220 g à 6,5 €, Xocolat (www.xocolat.at). Keine Zubereitungsangaben auf der Packung, daher zuerst drei Esslöffel der Schokotabs mit wenig Milch erwärmen und cremig rühren, mehr Milch dazu und unter Rühren leicht blubbern lassen, bis zur erwünschten Konsistenz: klassisches Schokobraun, duftet nach Bitterschoko mit einem Touch Kaffee, im Geschmack edle herbe Schokolade, sonst nix, sehr harmonisch, ideales Mund-Feeling. 9,5 Punkte

3. Chocolat maison pour chocolat chaud, Bonnart
(Kakao, mind. 80 Prozent Kakaobutter, Zucker) 400-g-Packung à 14,9 € bei Xocolat. Schokoflocken werden in heißer Milch aufgeschlagen: schöne dunkelbraune Farbe, wunderbar zähflüssig, intensive Herbe, aber sehr schokoladiger Duft und Geschmack, extra schöne cremige Konsistenz; leicht bitter-adstringierend; für Süßliebhaber vielleicht etwas sehr herb; rein schokomäßig 1A. 9 Punkte

4. "Trinkschokolade handgeschöpft", Zotter
(Edelbitterschokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil – Kakaomasse, Zucker Kakaobutter, Emulgator: Sojalecithin, natürliche Vanille; Füllung: 65 Prozent – Edelbitterschokolade, Milch, Milchschokolade, Traubenzucker, Grappa, Pfefferminzöl) 5,20 € pro Packung bei www.zotter.at. Willkürlich ausgewählte Geschmacksrichtung aus insgesamt zehn verschiedenen. Wird in heiße Milch eingelegt und schmilzt. "Mit Trinkschokoladenquirler" immer wieder aufquirlen. Durch Minze ein deutlicher kühlender Effekt, lang im Abgang; irritierend helle Farbe, sehr milchkakaoartig, schmeckt aber schön schokoladig. Konsistenz sehr dünnflüssig, was daran liegen kann, dass die maximale Milchmenge (0,2 l) verwendet wurde. Minze ist nicht jedermanns Sache, aber die Auswahl ist groß. 8 Punkte

5. Choko-là, Hausbrandt
(Zucker, Magerkakaopulver, Stärke, Salz, Aromen)
Kilodose 9,10 €, bei Vergeiner. Das laut Verpackung "Getränk mit Kakaogeschmack" wird mit einer Tasse Milch abgemischt und unter ständigem Rühren mindestens eine halbe Minute aufgekocht. Erinnert bereits im Geruch, später auch im Mund an Schokopudding, zart-herb von der angenehmen Sorte, verliert mit dem Abkühlen die glatte Puddinghaftigkeit. Für Freunde der typisch italienischen Trinkschokoladen. 8 Punkte

6. Trinkschokolade traditionell, Haas & Haas
(Kakaobestandteile 42 Prozent, Zucker, Stärkemehl, echte Vanille) 200 g à 4 €. Trinkschokoladestreusel in kochender Milch unter Rühren aufrühren, bis die erwünschte Konsistenz erreicht ist. Geruch erinnert an geröstete Haselnüsse, die sich im Geschmack wiederfinden; dickflüssig, schaumig-cremige Konsistenz, die an warm gewordenes (Nocciolone-) Eis erinnert; milchschokoladeartige Farbe; trotz expressiver Haselnuss, sehr ausgewogen; eine Harmonie, die sich aber leider mit dem Abkühlen etwas verliert. 7 Punkte

7. Chocolat au Poudre, Les Confitures à l'Ancienne
(Unraffinierter brauner Rohrzucker, 25 % Kakaoanteil, Vanille) 20-g-Säckchen à 1 €bei Xocolat. Wird in kochender Milch "rasch" aufgerührt. Eher dünnflüssig, wenig cremig, Pulver löst sich nicht ganz auf, es bleiben dunkle Brösel; schmeckt sehr süß und kakaoartig, überhaupt nicht schokoladig. 3 Punkte

Große Auswahl an Trinkschokoladen z. B. bei Xocolat, Ferstl-Passage oder Meinl am Graben (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

STANDARD-Wertung: 0-2 okay; 2,1-5 gutes Produkt; 5,1- 8 sehr gutes Produkt; 8,1-10 ausgezeichnet bis perfekt. (DER STANDARD, Printausgabe vom 15./16.1.2005)