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Foto: AP/John Moore
London - Die archäologischen Stätten der antiken Stadt Babylon bleiben nach Angaben des irakischen Kultusministers Mofid Al Jazeri geschlossen, bis Experten den Umfang der durch ausländische Truppen entstandenen Schäden ermittelt haben.

"Wir wollen alle Fakten über den Zustand von Babylon wissen", sagte der Minister am Montag. Babylon werde geschlossen bleiben, bis eine Gruppe internationaler Experten gebildet sei, um die Schäden festzustellen, zu dokumentieren und Vorschläge für das weitere Vorgehen zur Wiederherstellung der Stadt zu unterbreiten.

Schwere Schäden

Die US-geführten Koalitionstruppen im Irak haben nach Erkenntnissen von britischen Archäologen schwere Schäden an den historischen Überresten von Babylon angerichtet. Die Drachenreliefs am weltberühmten Ischtar-Tor etwa hätten tiefe Risse und Lücken, weil jemand versucht habe, Ziegel aus der Ruine herauszubrechen, berichtete die Londoner Zeitung "The Guardian" am Samstag unter Berufung auf einen Bericht des Britischen Museums. Dies habe der Leiter der Nahost-Abteilung des Museums, John Curtis, bei einem Besuch im Dezember festgestellt.

Ausgrabungsstätte als Truppen-Stützpunkt

Die Ausgrabungsstätte war nach der Irak-Invasion im März 2003 zunächst von US-Marineinfanteristen, später von polnischen NATO-Soldaten als Stützpunkt genutzt worden. "Das ist, als würde man ein Militärlager rund um die Große Pyramide in Ägypten oder Stonehenge in Großbritannien errichten", schreibt Curtis laut "Guardian" in seinem Bericht.

Schwere Militärfahrzeuge zerstörten Ziegel

Neben dem Ischtar-Tor, das als Rekonstruktion im Pergamon-Museum in Berlin zu sehen ist, habe auch das 2.600 Jahre alte Straßenpflaster Schaden genommen, schreibt der "Guardian". Die schweren Militärfahrzeuge hätten die Ziegel zerstört. Zudem habe Curtis festgestellt, dass Sand von der Ausgrabungsstätte, in dem sich noch archäologische Fundstücke verbargen, von den Soldaten in Säcke für den militärischen Gebrauch abgefüllt wurden. Nachdem diese Praxis beendet worden sei, sei die Grube teilweise mit Erde und Sand aus anderen Gebieten wieder aufgefüllt worden, was die weiteren Grabungen erheblich erschweren dürfte. Die US-Streitkräfte sagten dem "Guardian" auf Anfrage, es werde keine Erde mehr an- oder abtransportiert, und man erwäge, den Militärstützpunkt zum Schutz der Ruinen aufzugeben.

Schaden für das Weltkulturerbe

Der britische Politiker und Archäologe Lord Redesdale sprach von einem Schaden für das Weltkulturerbe. Babylon war eines der ersten Zentren der menschlichen Zivilisation und gelangte vor 2600 Jahren unter Nebukadnezar zu Weltruhm. Er errichtete unter anderem die Hängenden Gärten, eines der sieben Weltwunder. Nach der Eroberung durch die Perser im Jahr 538 vor Christus versank die Metropole jedoch in die Bedeutungslosigkeit, bei Ausgrabungen im 19. Jahrhundert wurden nur noch die Fundamente der einst mächtigen Bauwerke gefunden.

Polen weist Vorwürfe zurück

Das polnische Verteidigungsministerium reagierte am Sonntag auf die Vorwürfe mit einem Dementi: "Weder polnische Soldaten noch andere Soldaten unter polnischem Kommando haben jemals etwas getan, was historische Monumente missachtet oder ihre Zerstörung verursacht", sagte ein Sprecher des Ministeriums in Warschau.

"Unsere Soldaten haben niemals Anstrengungen zur Stärkung der Sicherheit im Camp Babylon unternommen, ohne vorher mit den irakischen Denkmalschutz-Behörden zu beraten", sagte der Sprecher. Polen übergab die Kontrolle über die Stätten am Wochenende wieder den irakische Behörden. (APA/AP)