Foto: Privat/Edlmair
Die 19-jährige Claudia Kandur ist Schülerin der HLW (Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe) für Kommunikations- und Mediendesign am Schulzentrum der Kreuzschwestern Linz. Obwohl sie erst in die vierte Klasse Oberstufe geht, betreibt sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Kordula (25) eine Bäckerei. Am 1. Dezember 2004 eröffnete das Geschäft im einladenden Backstuben-Ambiente am neuen Linzer Hauptbahnhof.

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derStandard.at: Wie läuft das Geschäft?

 Claudia: Wir sind zufrieden. Momentan sind wir noch in der Probephase und müssen gewisse Vorgaben erfüllen. Wir müssen schauen, was die Kunden wollen und auf sie zugehen und ihre Wünsche erfüllen. Das schaffen wir nur, wenn wir uns abheben von den anderen Bäckereien. Für unsere Familie ist es eine große Herausforderung.

derStandard.at: Warum betreibt du und deine Schwester eine Bäckerei? Was ist deine Motivation, eine Bäckerei zu führen?

Claudia: Dadurch, dass meine Eltern seit 30 Jahren eine Bäckerei haben, bin ich damit aufgewachsen. Das Geschäft am Bahnhof war für uns die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln damit wir später einmal den Familienbetrieb übernehmen können. Der Standort am Bahnhof ist ein eigenständiger Betrieb. Meine Schwester Kordula als Geschäftsführerin, die ASMAG Holding und ich sind daran beteiligt. Ein weiterer Grund ist sicher auch, dass wir als Jungunternehmerinnen Förderungen bekommen.

derStandard.at: Wie bringst du Schule und Arbeit unter einen Hut?

Claudia: [lacht] Seit ich zehn bin, arbeite ich im Betrieb mit. Jeden Sonn- und Feiertag müssen wir selbst backen. Außerdem habe ich in den Sommerferien immer im Service und in der Küche in unserem Schubertcafé in Gmunden geholfen. Darum war es für mich keine große Umstellung jetzt einen eigenen Betrieb zu haben. Aber natürlich muss ich jetzt noch mehr tun und habe mehr Verantwortung. Unsere Eltern unterstützen uns tatkräftig, damit das alles überhaupt möglich ist – meine Schwester studiert ja auch noch Wirtschaftswissenschaften.

derStandard.at: Was machst du lieber – Schule oder Arbeit?

Claudia: Das sag ich lieber nicht! [lacht] Naja, das kommt immer auf meine momentane Stimmung an, wo es gerade besser läuft und ob die Lehrer nerven. Es hat überhaupt beides Vor- und Nachteile. Aber gerade beim Arbeiten hab ich halt sehr viel Verantwortung . . .

derStandard.at: Hilft dir das Erlernte aus dem Schulunterricht im Beruf?

 Claudia: Ja, natürlich. Vor allem Rechnungswesen und BVW (= "Betriebs und Volkswirtschaft" Anm. d. Red.) helfen mir in der Wirtschaft. Durch Rechnungswesen kenne ich mich bei der Kassabuch-Führung schon aus. In BVW wird das wirtschaftliche Denken gefördert. Textverarbeitung und Kenntnisse von verschiedenen Computerprogrammen kann ich selbstverständlich auch brauchen. Im Unterrichtsfach Mediendesign lernen wir viel über Gestaltung. So war es mir und einer Mitschülerin sogar möglich, selbst das Firmenlogo zu entwerfen.

derStandard.at: Siehst du in der Bäckerei den Beruf deines Lebens oder denkst du auch daran, später etwas anderes zu machen?

Claudia: Ich persönlich kann mir auch vorstellen, etwas ganz Anderes zu machen. Aber was das konkret sein könnte, weiß ich noch nicht.

derStandard.at: Was sagen deine Lehrer, Mitschüler und Eltern zu deinen unternehmerischen Aktivitäten?

Claudia: Eigentlich will ich gar nicht, dass so viele Lehrer davon wissen. Von meinen Mitschülern höre ich nichts Negatives. Viele meinen halt, sie könnten das zum jetzigen Zeitpunkt niemals schaffen! Durch unsere Eltern haben wir überhaupt erst die Möglichkeit bekommen, das alles zu machen. Sie müssen uns noch einiges beibringen. Aber sie sind sicher auch stolz auf Kordula und mich.

derStandard.at: Was waren deine bisher größten beruflichen Herausforderungen?

Claudia: Die Herausforderungen betrafen immer die ganze Familie. Wir haben cirka fünf Wochen vor der Bahnhofs-Eröffnung erfahren, dass wir den Standort überhaupt haben können und mussten dann in diesem kurzen Zeitraum das komplette Geschäft startklar machen. Vom Boden legen bis zum fertigen Verkaufsladen standen eine Menge an Arbeiten an.

derStandard.at: Bist du eine gute Chefin?

Claudia: Eigentlich bin ja nicht ich die Chefin, sondern meine Schwester. Aber klar versuche ich als Teilhaberin zu einer guten Atmosphäre im Betrieb beizutragen. Wir backen’s!