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"Wozu Mathe?" - diese Frage stellen sich rund 30 Schüler steirischer Gymnasien in dieser Woche sicherlich nicht. Gemeinsam mit Professoren der Universität Graz tüfteln sie bis Ende der Woche an Fragen des Alltags, die sich mit Hilfe der Arithmetik und Stochastik, mittels Differenzialgleichungen und anderen Teilgebieten der Mathematik hervorragend berechnen lassen. Sie beschäftigen sich u.a. mit der Ermittlung von Fischfangquoten, Weltrekorden in der Leichtathletik oder mit Herz-Kreislaufmodellen oder der Berechnung von Blutverlusten.

Kein totes Wissen

"Wir wollen zeigen, dass das in der Schule gelernte mathematische Wissen kein totes Wissen ist, sondern hervorragend mit dem Alltag der Schüler vernetzt werden kann. Sie sollen nicht nur mit abstrakten Formel umgehen können, sondern durch reale komplexe Probleme selbst erfahren, wie sehr die Mathematik ihren Alltag bestimmt", erklärt der Grazer Mathematiker Stephen Keeling im APA-Gespräch. Er selbst beschäftigt sich am Grazer Mathematikinstitut schwerpunktmäßig mit den Problemen der Bildgebung im medizinischen Bereich.

In vielen Bereichen

"Wir holen uns viele Themen aus Natur- und Ingenieurwissenschaften, fassen Natur- und Technikphänomene in mathematische Gleichungen, suchen nach Lösungswegen und -methoden und müssen am Ende in die Sprache der Ingenieure rückübersetzen", erläuterte Keeling, der auch Beispiele nannte: So helfe die Mathematik zum Beispiel Medizinern bei der Gesichtschirurgie, das Gesicht von Unfallopfern im Computer zu rekonstruieren oder vor kieferorthopädischen Behandlungen möglichst genaue Modelle des Gebisses zu erarbeiten. In Graz widme sich ein Forschungsschwerpunkt der mathematischen Modellierung des Herz-Kreislauf-Systems.

Komplexe Berechnungen

Unter der Anleitung Keelings und vier seiner Kollegen wagen sich 23 Burschen und sechs Mädchen an die Lösung komplexer Probleme: Zur Auswahl standen u.a. die Frage, wie viel Holz man aus einem Wald bekommt, das Design für einen optimalen Ölfilter, die Berechnung der Auswirkungen eines Ölunfalls in einer Trinkwasseranlage bis hin zum optimalen Einsatz von Strahlenquellen bei der Tumorbehandlung.

Der Aufenthalt ist für die Teilnehmer gratis. Im Anschluss an die Woche in Seggau soll es auch eine Dokumentationsbroschüre mit den Ergebnissen der Arbeitsgruppen geben. Das Konzept der Modellierungswoche wurde zu Beginn der neunziger Jahre an der TU Kaiserslautern entwickelt. Seit 1995 wird Ähnliches auch am Pädagogischen Institut Bozen und seit dem Vorjahr auch an der Uni Linz veranstaltet. (APA)