Bild nicht mehr verfügbar.

Nur damit Sie sich von Kärnten kein falsches Bild machen: Die gerahmte Wärthersee-Idylle auf der Halbinsel Loretto stammt aus der Ideenwerkstatt des Aktionisten Reinhart Eberhart.

Foto: APA/Neumüller
Nein, diesmal geht es nicht um das schöne EM-Stadion, sondern um eine andere Herzeigeleistung aus dem Fach "kreative Buchhaltung". Als Begleittext zur Präsentation des Programms der Wörtherseebühne: Ein Blick hinter die Kulissen ihrer Finanzierung.


Den Abschlussprüfern der Kärntner Seebühne blieb vorbehalten, was eigentlich Aufgabe der Kulturinstitution gewesen wäre: Nämlich die Zuschauer zu beeindrucken. Zuerst wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass die Bilanz für das Geschäftsjahr 2004 einen Verlust in der Höhe von 2,1 Mio. Euro ausweist und eine Insolvenz droht. Nunmehr liegt eine Bilanz mit lediglich einem Verlust von 0,2 Mio. Euro vor, und alles ist in Ordnung. Der "Normal"-Bürger wundert sich, der Fachmann nicht. Das Geheminis der "wundersamen Geldvermehrung":

Ursprünglich hat der Bund für die künstlerische Neuorientierung der Seebühne eine Subvention in der Höhe von 1,6 Mio. Euro zugesichert, und zwar für die Durchführung des künstlerischen Programms für den Zeitraum 2004 bis 2008. Bei der zuerst erstellten Bilanz wurde diese Förderung auf den Zeitraum der Spielverpflichtung aufgeteilt. Die Aufregung um den Verlust und die Pleite um die Seebühne waren perfekt. Da man bekannterweise verschüttete Milch nicht trinken kann, und die Malaise nun einmal nicht wegzudiskutieren war, nahm man Zuflucht zu einem Bilanztrick: Die gesamte einmalige Starthilfe des Bundes wurde bereits im Kalenderjahr 2004 als Ertrag verbucht, obgleich die Subvention für fünf Kalenderjahre gewährt wurde. Weiters wurde die Landesförderung um 0,3 Mio. Euro erhöht, und schon war das Problem erledigt.

Zur tatsächlichen Entwicklung: Der Spielbetrieb der Seebühne hat im vorigen Jahr - ohne Berücksichtigung von Subventionen - zu einem Abgang von 3,9 Mio. Euro geführt. Das Land Kärnten hat der Wörtherseefestspiele GmbH eine Förderung von 1,0 Mio. und eine Abgangsfinanzierung von 0,5 Mio. Euro gewährt; der Zuschuss des Bundes betrug 1,6 Mio. Euro, jener der Kärntner Stiftung 0,3 Mio., der Stadt Klagenfurt 0,1 Mio. und der Kärnten Werbung 0,2 Mio. Euro. Insgesamt betrugen die Förderungen der öffentlichen Hand zur Abdeckung des Verlustes somit 3,7 Mio. Euro.

Kreative Buchhaltung wurden in der Vergangenheit von der Politik schon des Öfteren als Mittel zum Zweck eingesetzt - was in der Praxis nichts anderes bedeutet, als zulasten der Zukunft zu leben. Kärnten ist in dieser Art der Problembewältigung allerdings besonders geübt:

So wurden Aufgaben aus dem Landesbudget ausgegliedert und durch so genannte außerbudgetäre Schulden finanziert. Dabei scheinen Landesschulden nicht mehr im Budget auf, obgleich das Land Kärnten für die Rückzahlung dieser Schulden haftet. Für so eine Täuschung wäre jeder Kaufmann haftbar. Für Politiker aber gelten offenbar andere Gesetze: Ungeniert werden Statistiken manipuliert und als Erfolgsbeleg verkauft, aus Verlusten werden Gewinne, aus Einnahmen zukünftige Belastungen - und aus dem Abverkauf des Tafelsilbers Hypotheken für die nächsten Generationen.

Um die Probleme tatsächlich zu lösen wäre statt kreativer Buchhaltung kreative Politik gefragt. In Kärntner Zeiten wie diesen allerdings kein leichtes Unterfangen. Wer nämlich auf die Folgen solch "billiger" Bilanztricks hinweist, wird flugs als Nestbeschmutzer abgestempelt. (DER STANDARD, Printausgabe, 09.03.2005)