Wien - Die Kommission für wissenschaftliche Integrität verzeichnet im nun veröffentlichten Jahresbericht 2013 einen weiteren Rückgang der eingegangenen Anfragen und daraus eröffneten Fälle, etwa zu Plagiaten und Datenfälschung. 2013 wurden 13 Anfragen gestellt, die zur Eröffnung zweier Verfahren führten. Vorsitzender Peter Weingart vermutet nach anfänglich besonderer Aufmerksamkeit eine "Routinisierung".

Internationale Expertenkommission

Die Kommission ist ein Organ der 2009 als Verein gegründeten Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI). Ihr gehören mittlerweile alle Unis sowie die großen Forschungseinrichtungen und Förderagenturen an. Die aus internationalen Experten zusammengesetzte unabhängige Kommission untersucht Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich, bewertet die Schwere eines Verstoßes und unterbreitet Vorschläge für weitere Maßnahmen. Ob und in welcher Form diese gesetzt werden, obliegt den betroffenen Einrichtungen.

Fallbeispiel

Das zeigt etwa der jüngste Fall, der anonymisiert im Jahresbericht dargestellt wird: Ein Hinweisgeber legte insgesamt vier Veröffentlichungen vor, bei denen der Verdacht auf eine Doppelpublikation bestand (also die gleiche Arbeit ohne Hinweis darauf mehrmals veröffentlicht wurde, Anm.). Für zwei davon wurde bereits ein Hinweis in dem entsprechenden internationalen Fachjournal platziert. Ein Textvergleich der beiden anderen Publikationen (erschienen 2002 bzw. 2009) zeigte - ohne Kennzeichnung - eine weitgehende Textidentität.

Die Kommission beschloss daher, dass die neuere Publikation zurückgezogen werden müsse - der Autor reagierte jedoch nicht auf die ihm dafür eingeräumte dreiwöchige Frist. Folge: Die Kommission musste den Rektor der betreffenden Unis einschalten, auf den weiteren Gang des Verfahrens hat sie keinen Einfluss.

Im Vorjahr 13 Anfragen, zwei Fälle

2009 startete die Agentur mit fünf Anfragen, die dann zu einem Fall wurden, im Jahr darauf waren es elf Anfragen und fünf Fälle. Der Höhepunkt wurde 2011 mit 30 Anfragen und neun Fällen erreicht., 2012 waren es nur mehr 13 Anfragen und sechs Fälle, im Vorjahr 13 Anfragen und zwei Fälle. Laut Weingart könnte sich "hier das Muster wiederholen, das auch in anderen Ländern nach Einrichtung entsprechender Institutionen zu beobachten war": "Auf eine erste Phase der besonderen Aufmerksamkeit folgt die 'Routinisierung'. Die Meldungen von realem oder vermeintlichem Fehlverhalten pendeln sich auf einem niedrigeren Niveau ein, ebenso der Abstand zwischen diesen Meldungen und den tatsächlich verfolgten Fällen."

Spitzenreiter Sozial- und Geisteswissenschaften

Die Agentur seit 2009 insgesamt 73 Anfragen bearbeitet, von denen 23 zur Aufnahme eines Verfahrens führten. Die meisten solcher Fälle betrafen die Sozial- und Geisteswissenschaften (acht), gefolgt von der Medizin (sieben) und den Lebenswissenschaften (fünf). Im Mittelpunkt standen dabei Plagiate (zehn Fälle), Autorschaftskonflikte (acht), Ausbeutung fremder Forschungsansätze, Datenfälschungen (je vier) und Forschungsbehinderung (drei; Mehrfachnennungen möglich).

Bisher wurden 22 Fälle mit einer Stellungnahme abgeschlossen. In der Hälfte davon wurde ein Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis bzw. wissenschaftliches Fehlverhalten festgestellt. Einige Fälle wurden von der Kommission außerdem geschlichtet, etwa Autorschaftskonflikte.

Arbeit an einheitlichem Kanon

Derzeit arbeitet die OeAWI an einem Kanon eindeutiger Definitionen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Derzeit gebe es zwar international eine Reihe von Codices sowie "viel akkumulierte Erfahrung": "Aber die einzelnen Agenturen, die mit immer neuen Fällen zu tun haben, lernen dennoch weiter hinzu, wie mit ihnen umzugehen ist." (APA, 28.05.2014)