Wer mehr Zeit mit seinem Kind verbringen möchte, kann seine Arbeitszeit reduzieren: Seit zehn Jahren gibt es den Anspruch darauf.

Foto: istockphoto.com/smitt

Eine Stunde später ins Büro – und schon ist man jahrelang vor einer Kündigung geschützt. Natürlich seien Eltern, die die gesetzlich garantierte Elternteilzeit derart ausnützen, in der Minderheit, sagt Rechtsanwalt Christoph Wolf, Partner bei CMS Reich-Rohrwig Hainz, aber für Firmen sei dies trotzdem ein wiederkehrendes Problem. "Wir haben schon sehr viele Fälle", sagt Wolf, der auf den Bereich Arbeitsrecht spezialisiert ist und vor allem Unternehmen vertritt. Deshalb gehöre der Missbrauch dieses Elternrechts eingestellt.

Derzeit haben Eltern einen rechtlichen Anspruch darauf, bis zum siebenten Lebensjahr des Kindes ihre Arbeitszeit herabzusetzen oder diese zeitlich zu verlagern. Natürlich gibt es gewisse Vorgaben. So darf nur in Elternteilzeit gehen, wer die Obsorge für das Kind hat, und auch die Betriebsgröße und die Dauer der Betriebszugehörigkeit werden berücksichtigt. Dafür können sich die Eltern bis zum vollendeten vierten Lebensjahr des Kindes über einen starken Kündigungs- und Entlassungsschutz freuen. Außerdem besteht dieser Anspruch bis zu dessen siebentem Geburtstag.

Noch sind es nur Planspiele – Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will aber Änderungen bei der Elternteilzeit vornehmen. "Es sind noch keine Verhandlungen aufgenommen worden. Diese sollen im Herbst beginnen", erklärt sein Sprecher auf Anfrage. Wie SPÖ und ÖVP die Elternteilzeit reformieren wollen, ist im gültigen Regierungsprogramm bereits angedacht. Dort heißt es wörtlich: "Prüfung der Verkürzung des Anspruches auf Elternteilzeit vom 7. auf das 5. Lebensjahr; bzw. einer weiteren Absenkung der Grenze auf das 4. Lebensjahr parallel zum Ausbau der Kinderbetreuung bis 2017." Neben der Frage des Anspruchs wird auch überlegt, eine Stundenzahl, um die die Arbeitszeit mindestens verkürzt werden muss, festzulegen.

"In zweite Reihe zurücktreten“

Warum Arbeitgeberanwalt Wolf Reformbedarf sieht, beschreibt er anhand von Beispielen aus seiner Praxis: Eine Mitarbeiterin reduzierte ihre Arbeitszeit von 40 auf 39 Stunden – und war damit für längere Zeit de facto unkündbar. "Solche Aktionen verärgern, weil offensichtlich ist, dass es hier nicht darum geht, eine optimale Kinderbetreuung zu gewährleisten", sagt Wolf. Eng werde es auch da, wo Teilzeit und Jobanforderung "nicht zusammenpassen", also etwa in Spitzenfunktionen. "Da sollte diese Person vielleicht für die Dauer der Elternteilzeit in die zweite Reihe zurücktreten", meint er. Der starke betriebsverfassungsrechtliche Versetzungsschutz kann dem allerdings einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Industriellenvereinigung (IV) drängt auf Umsetzung dieser Punkte, "samt einer stärkeren Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse". Viele Unternehmen würden "die aktuelle bürokratische Ausgestaltung der Elternteilzeit kritisieren", heißt es. Die Vertreter der Industrie stört besonders, dass bereits eine marginale Arbeitszeitveränderung derzeit einen "mehrere Jahre andauernden Kündigungsschutz" auslöst.

Arbeitnehmervertreter "skeptisch"

In der Arbeiterkammer wird das angedachte Reformprojekt "eher skeptisch" betrachtet, wie es Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie, formuliert. "Die Elternteilzeit ist eine sehr gute Maßnahme für den Wiedereinstieg", sagt sie – es gebe daher "keinen Bedarf, dieses Paket aufzuschnüren". Wenn doch, folgert Moritz: "Dann sehe ich Handlungsbedarf eher in einer anderen Richtung." Die Arbeiterkammer will, dass die Beschränkung des Anspruchs auf Elternteilzeit auf Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern fällt. "Kinderbetreuung ist ja nicht von der Betriebsgröße abhängig", sagt Moritz. Ein Punkt, den auch schon der Sozialminister angesprochen hat. Er kann sich eine Absenkung auf Firmen ab zehn Mitarbeitern vorstellen. (Peter Mayr, DER STANDARD, 11.6.2014)