Baden - Die Verbindung zwischen den Operettenoasen Wiener Volksoper und Bühne Baden blieb erhalten: Auf Robert Herzl, dem Volksoper-Urgestein, der die Bühne Baden ein knappes Jahrzehnt leitete, folgte im Mai das Volksopern-Ensemblemitglied Sebastian Reinthaller als künstlerischer Leiter des sympathischen Hauses.

Dessen Konzept, zur Hälfte mit neuen wie mit bekannten Kräften zu arbeiten, schien Regisseur Dominik Wilgenbus in seiner Inszenierung von Franz Lehárs Bühnenletztling Giuditta in der Sommerarena ebenfalls zu bedienen: Die Bühne (Johannes Leitgeb) durfte sich im ersten Bild mit lattenrostartigen Wänden modern geben, wartete danach aber mit dem fadesten Nachtclub ever auf. Der Chor agierte entweder hölzern oder mit erzwungener Drastik - wie etwa beim ersten Auftritt der Soldaten.

Die gesenkten Blicke

Realistisch! Intensiv! Leidenschaftlich! Dies schien die Regiedirektive an den singenden Direktor Reinthaller gewesen zu sein, der als Hauptmann Octavio seiner geliebten Giuditta einen heißen Kuss nach dem anderen abrang. ZU sehen: Guggi Löwinger und Lotte Tobisch senkten in den Logen hierbei verschämt ihre Blicke und nestelten geschäftig in ihren Handtaschen herum.

Eine uneingeschränkte Freude waren jedenfalls das mitreißend beschwingte Buffopaar Alexander Voigt (als Pierrino) und Laura Scherwitzl (als Anita). Glaubhaft und lebensnah Helmut Wallner als alternder Galan, von vergnüglicher Wandelbarkeit Sebastian Huppmann in seinen drei Rollen. Franz Josef Breznik koordinierte Orchester und Chor der Bühne Baden bei den zahllosen Riterdandi und Accelerandi gut. Und aus Reinthaller flossen lyrische, mitunter etwas staubig timbrierte Töne wie aus einem Brunnen Wasserströme. Bibiana Nwobilo verströmte als Giuditta lediglich eine äußerliche Exotik und bekam die erotische Hitze und männermordende Laszivität der Figur nicht wirklich hin. Gesanglich war die in Kärnten aufgewachsene Nigerianerin, die viel mit Nikolaus Harnoncourt zusammengearbeitet hat, ein Geschenk.

Die Premiere von Giuditta bescherte der Wiener Staatsoper anno 1934 Rekordeinnahmen; 80 Jahre später bleibt für die Sopranistin mit tollem dramatischem Potenzial nur zu hoffen, dass sich ihre Verbindung von Baden zur Staatsoper nicht nur auf die Badner Bahn beschränken wird. (Stefan Ender, DER STANDARD, 23.6.2014)