Nationalismus übelster Art hat sich in beiden Kriegen betätigt und kann zurzeit als das größte Hemmnis einer zwischen den Völkern sich anbahnenden Verständigung gelten", sagte Albert Schweitzer. In Südosteuropa ist dieser Nationalismus auch nach dem letzten Krieg im 20. Jahrhundert, der so viele Menschen zerstörte, nach wie vor präsent, was man leider bei der Gedenkveranstaltung zum Ersten Weltkrieg in der ostbosnischen Stadt Visegrad miterleben konnte. Im Gegensatz zu seiner Ankündigung hat der Präsident der Republika Srpska (RS), Milorad Dodik, den Anlass genutzt, seine ethnonationalistische Rhetorik fortzusetzen und sein politisches Projekt, die Unabhängigkeit der RS und damit den Zerfall von Bosnien-Herzegowina, zu propagieren.

Dodik hat gezeigt, dass er das europäische Projekt nicht verstanden hat. Denn man kann nicht gleichzeitig Europäer sein und Ethnonationalismus schüren. Auch wenn Wahlen bevorstehen. Aleksandar Vucic wiederum, der Premier, der aus Serbien angereist war, sprach zwar inhaltlich vom Frieden, doch die alleinige Tatsache, dass er sich neben Dodik stellte, war ein Signal. Es ist schade, dass Vucic nicht - wie angedacht - nach Sarajevo gekommen ist, denn dies wäre ein Signal gewesen, dass sich Serbien, das soeben die Beitrittsverhandlungen mit der EU begonnen hat, für eine regionale Kooperation jenseits von allen ethnischen Fragen einsetzt. In einem europäischen Sinn eben. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 30.6.2014)