Mann und Frau. Eine einfache Beziehung stößt an die Grenzen der Konventionen und der Feindseligkeit: "Angst essen Seele auf."

Foto: Linzer Kammerspiele

Linz - Vierzig Jahre sind vergangen, seit der manisch produktive deutsche Regisseur Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) in seinem heute legendären Film Angst essen Seele auf nüchtern, lapidar und statisch die Möglichkeiten einer unmöglichen Beziehung thematisiert hat.

Eine ältere Frau und ein jüngerer Mann kommen zusammen. Sie ist Deutsche, er Marokkaner. Der Druck von außen, der die Liebe erst blühen lässt, dann die selbstsüchtige gesellschaftliche Akzeptanz, die den Beziehungskonflikt nach sich schleppt. Im kleinen Leben liegt der große Schmerz - so ist ein Liedtext Fassbinders betitelt, und wahr ist's.

Wer also Angst essen Seele auf auf die Bühne bringt, der macht kein Stück über Fremdenfeindlichkeit oder über Beziehungen älterer Frauen zu jüngeren Männern, der will - im besten Fall - Fassbinders Unbehagen mit der Welt und die Schmerzfähigkeit einer Liebe auf ihre Gültigkeit überprüfen.

Regisseurin Bernarda Horres gelingt das in den Linzer Kammerspielen gut, dank wunderbarer Schauspieler. Als Nebendarsteller laufen Katharina Hofmann und Sebastian Hufschmidt als Kaufleute zu bösartigster Normalität auf.

Rosa Ignoranten

Mit rosa Schweinemasken vorm Gesicht verstehen sie den Ausländer nicht und verweigern ihm die Bedienung.

Anna Eger und Gunda Schanderer agieren als Kolleginnen der Putzfrau Emmi, jener 60-jährigen Witwe, die den 20 Jahre jüngeren Ali (Markus Subramaniam) in einer Bar kennenlernt, ihn mit nach Hause nimmt und schließlich heiratet.

Peter Pertusini gibt einen schön grobschlächtigen Schwiegersohn, der wie seine Frau und deren Bruder (Aurel von Arx) gar nicht weiß, wohin mit der Scham.

Verena Koch als Emmi kann man getrost als Idealbesetzung bezeichnen. Sie spielt mit einer Mischung aus naiver Selbstverständlichkeit bei gleichzeitigem Unverständnis, Selbstverleugnung, Hingabe und Wut ebenjenes kleine Leben, in dem großer Schmerz sich zu großer Stärke auswächst. Oder auch nicht.

Ebenso wie Fassbinder lässt die Theaterfassung offen, ob und wie es nach Alis Zusammenbruch weitergeht. Jedenfalls hinterlässt es ein anhaltendes Unbehagen.

Es ist immer noch da und gültig, da bräuchte es die rassistischen Witze und andere Aktualisierungsversuche gar nicht. Heute, Freitagabend gibt es die letzte Möglichkeit, sich davon ein Bild zu machen. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 4.7.2014)