Lawrence Gimeno: "Eine Hochschule mit offiziellem Sportdepartment, das wäre revolutionär in Österreich." Die blauen Jacken für sein Basketballteam hat der 24-Jährige selbst designt.

lib

Wien – In der Glastür des Sportcenters spiegelt sich der WU-Campus. Lawrence Gimeno steht davor. "Ich habe keinen Schlüssel. Wir können uns die Halle leider nur von außen anschauen." Während des Semesters trainiert in dem modernen Gebäude einmal pro Woche die Basketball-Herrenmannschaft des Sportclubs "Wirtschaftsuniversität-Studierende". Gimeno ist Kapitän der Mannschaft. Heute ist die Türe für den 24-Jährigen verschlossen. Und sie wird es bis Mitte September bleiben.

Uni-Sport ohne Uni

Gimenos Basketballteam formierte sich als Teil des "SC WU Studierende". Der Verein wurde 2012 von zwei Wirtschaftsuni-Studenten als Fußballclub gegründet. Mittlerweile setzt er sich aus einem Fußball-Damenteam, einem Damen-Basketballteam und Gimenos Herren-Basketballteam zusammen. "Das Niveau ist gut", sagt Gimeno. "Bei uns spielen ehemalige Profis aus Deutschland und Österreich und viele mit Vereinserfahrung."

Als Teamdressen hat der Kapitän auf Amazon blaue Baseballjacken bestellt und sie mit dem eigenen Logo bedrucken lassen: einem Basketball und dem Schriftzug "WU". Wenn Gimeno von seiner Mannschaft spricht, nennt er sie "Team WU". Ein Name, den er offiziell nicht verwenden darf. Bei der Gründung sei dem Fußballchef ein "Fauxpas" passiert: Er habe den Verein als "Fußballclub WU" benannt und sich Ärger mit der Universität eingehandelt, erklärt Gimeno.

Seither sei man davor zurückgeschreckt, die Uni um Unterstützung zu bitten – und kümmert sich selbst um Finanzierung und Organisation. Die anfallenden Kosten werden durch Mitgliedsbeiträge gedeckt. Pro Kopf sind 200 Euro zu zahlen. Eine Einmalsumme von 2500 Euro hat die Raiffeisen Bank für Trikots gesponsert.

Die Facebook-Seite der Mannschaft "gefällt" derzeit rund 400 Menschen. Fotos zeigen Männer im Anzug und mit Basketball in der Hand. Die Fotos seien in einem Studentenheimkeller im zweiten Bezirk geschossen worden, von einer Freundin, die als professionelle Fotografin arbeitet. "Wir machen alles so, dass wir es uns leisten können", sagt Gimeno, "aber es kommt sehr professionell rüber."

Vorbild USA

Dass österreichische Universitäten für Profisportler keine guten Bedingungen bieten, bedauert Gimeno. Er hat als Student der internationalen Betriebswirtschaftslehre ein Semester auf der University of Kentucky verbracht. Gibt man den Namen der Universität auf Google ein, finden sich die "Kentucky Wildcats", das Sportteam der Universität, auf Platz fünf der Suchergebnisse.

Welchen Stellenwert Hochschulsport in den USA hat, zeigt auch die "March Madness", der "Wahnsinn im März": ein Turnier, bei dem die 68 besten College-Basketballteams des Landes vor tausenden Fans gegeneinander antreten. Das Spiel wird von fünf Fernsehsendern übertragen, Karten kosten rund 300 Dollar. 2012 gewannen die "Kentucky Wildcats" im Finale.

Der Event hat bei Gimeno einen sichtlich prägenden Eindruck hinterlassen. Universitäre Sportevents würden in Österreich seiner Ansicht nach fehlen. "In den USA ist das ein Riesending, wenn die neue Saison eingeläutet wird." Er glaubt, dass Sport in Verbindung mit Party nach dem "Vorbild Amerika" durchaus auch auf der WU zur "sozialen Sache" werden kann.

Momentan organisiert Gimeno seine Sportevents selbst: Auf dem kleinen Basketballplatz hinter dem Universitätsgebäude veranstaltete er den "Team WU Dunk Contest". Ein Videomitschnitt ist auf Youtube abrufbar: Studentinnen und Studenten versuchen nacheinander, den Korb zu treffen. Der oder diejenige mit den meisten Treffern wird am Ende einen Ball gewinnen.

Breitensportcharakter

Das regelmäßige Training findet großteils abseits der Hörsäle statt: Am Freitag spielt Gimenos Team in einer angemieteten Halle in Wien-Simmering. Das Sportcenter der USI am Campus steht den Studenten am Sonntag zur Verfügung. Organisiert hat das der Vereinsobmann Arash Taheri. Er ist Sportreferent der ÖH WU.

Hochschulsport habe im deutschsprachigen Raum zu Recht Breitensportcharakter, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium. Der österreichische Hochschulsektor sei mit dem angloamerikanischen schon aufgrund der anderen finanziellen Voraussetzungen nicht vergleichbar: Während die Finanzierung der Unis in den USA über hohe Studiengebühren und großzügige Spenden erfolge, werde der österreichische Uni-Betrieb mit Steuergeldern aufrechterhalten: "Leistungssport und Athletenbetreuung können daher auch nicht fokussiert werden."

Die schlechten Rahmenbedingungen sieht Gimeno nicht als Hindernis. Er will den Spitzensport auf seiner Uni weiter ausbauen. Seine Hoffnung besteht darin, dass sportbegeisterte Studierende anderer Universitäten dem Trend folgen. An der Med-Uni, am Juridicum und an der TU habe er bereits bei einer Teamgründung geholfen, sagt er. "Wenn die Unis mehr Sport anbieten, können irgendwann Teams in Europa gegeneinander antreten", zeigt sich Gimeno überzeugt.

Für den Verein "SC WU Studierende" ist der nächste Schritt die Ausweitung des Angebots an Sportarten. Gimeno hat einen Studienkollegen, der ein professionelles Golfteam gründen will. Auch Volleyball soll ab Herbst dazukommen.

Offizielles „Team WU“

Von seiner Uni wünscht sich Gimeno, dass seine Mannschaft als offizielles Sportteam anerkannt wird – und einen Platz zum Trainieren zugestanden bekommt. Dann soll auch der Zusatz "Studierende" aus dem Namen eliminiert und der Verein in "Team WU“ unbenannt werden. Die Vision des 24-Jährigen ist, dass Sport zum "Teil der Uni" wird. "Eine Hochschule mit offiziellem Sportdepartment, das wäre revolutionär in Österreich", sagt Gimeno.

Die Sprecherin von WU-Rektor Badelt verweist auf das Universitätssportinstitut (USI) als Sporteinrichtung der Uni, auf das man "sehr stolz" sei. "Ein eigenes Sportteam wäre zu kostspielig", heißt es.

Im Herbst will Gimeno erstmals nach dem "Fauxpas" des Fußballobmanns an die Universität herantreten. Vielleicht bekommt er dann einen Schlüssel für die Sporthalle am Campus. (lib, 6.8.2014)