Mehr Autonomie für die Schulen? Ja bitte, sind sich eigentlich alle einig. Nur welche und wie viel, ist nicht so klar.

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Wien - Nicht alles, wo "Neos" draufsteht, ist auch wirklich neu, oder, wie FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz im STANDARD-Gespräch den Vorstoß von Neos-Chef Matthias Strolz für eine überparteiliche, nationale Initiative "Autonome Schule" einordnet: "Das ist nicht das achte Weltwunder, aber eine sehr gute und richtige Initiative, bei der wir natürlich gesprächsbereit sind. Wir haben nur ein paar Bedenken, was Mindeststandards betrifft."

Laut Strolz sollen Schulen, die sich freiwillig dafür melden, pädagogische, finanzielle und Personalautonomie erhalten und selbst über die Verwendung der Mittel entscheiden können. Er hofft auf eine "Bildungsreform von unten".

Gern, lautet die Reaktion von den Grünen, denen die Pinken Schulautonomie auch nicht erklären müssen, finde sie sich doch "zentral in unserem Bildungsprogramm", sagt Bildungssprecher Harald Walser. Man sei "bei allem gesprächsbereit, was uns nach vorne bringt". Zentral im grünen Schulautonomiekonzept seien demokratische Prinzipien, und eine "indexbasierte Finanzierung, die dort, wo es besondere Probleme gibt, besondere Initiativen startet". So berichtet Walser etwa von einer finnischen Schule am Land, wo der Direktor autonom "Muttersprachler" als Lehrer einstellen konnte, weil plötzlich aufgrund von Migration viele somalische Kinder in der Schule waren.

Der Neos-Plan für das Projekt "Talente blühen!" sieht neben einem Pauschalbetrag für jeden schulgeldfreien Schulplatz (künftig sollen auch konfessionelle und freie Privatschulen gleichgestellt werden) Extramittel vor, wenn es besonders viele Kinder mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Familien gibt oder die Schule in der Peripherie schwer Personal findet.

Wahl setzt Auswahl voraus

Das ist genau der Punkt, wo die freiheitlichen Bedenken ansetzen. Rosenkranz: "Lehrer selbst aussuchen, klingt gut, aber was, wenn es nichts zum Aussuchen gibt? Da muss es ein staatliches Korrektiv geben, nicht nur eine Regelung über dann vielleicht exorbitant hohe Gehaltsunterschiede. Es muss eine Grundversorgung mit Bildung geben."

Auch für den Grünen Walser ist klar: "Wir brauchen schon auch bildungspolitische Lenkungseffekte - nicht nur finanzielle."

Da kann auch ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank mit. Das Bekenntnis zu mehr Schulautonomie sei in den regelmäßigen Treffen mit der Bildungsministerin ein gemeinsam angestrebtes Ziel - freilich eines mit Grenzen: So brauche es weiterhin einen Rahmen für Lehrinhalte und eine regelmäßige Überprüfung der dann in Personalfragen und Schwerpunktsetzungen selbstständig agierenden Schulstandorte, sagte sie zum STANDARD. Dass ihr Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) als ministerielles Vis-à-vis infolge der anstehenden Nachbesetzung an der Parlamentsspitze abhandenkommen könnte, fürchtet Jank nicht: "Es ist zu nehmen, was kommt."

Aus dem Bildungsministerium heißt es auf STANDARD-Anfrage, im Regierungsprogramm sei "die Stärkung der Schulautonomie festgeschrieben" , man arbeite an der Umsetzung: "Ziel ist es, den Schulen mehr Gestaltungsspielraum zu geben, Beispiel Flexibilisierung der Zeitstruktur oder flexiblere Einsatzmöglichkeiten der bestehenden Ressourcen." Eine "Privatisierung des Bildungssystems, wie es die Neos de facto vorschlagen", lehne man aber ab. (Lisa Nimmervoll, Karin Riss, DER STANDARD, 16.8.2014)