Sonja Ablinger hat kaum noch Hoffnungen auf ein SPÖ-Mandat.

Wien - "Die Partei kann immer weniger mit Kritik umgehen", sagt Sonja Ablinger, die in der SPÖ als "Parteirebellin" gilt. "Die Verhältnisse werden autoritärer, und das liegt auch an Werner Faymann." SPÖ-Chef und Kanzler Faymann stehe nicht für den Diskurs, "da braucht man nicht herumeiern, so ehrlich muss man sein", sagt Ablinger am Sonntag im Gespräch mit dem STANDARD, wohl wissend, dass sie ihre Chancen, doch noch als Abgeordnete auf das frei gewordene Mandat von Barbara Prammer in den Nationalrat nachzurücken, damit nicht erhöht. "Heinz Fischer hat in seiner Zeit als Nationalratspräsident einmal gesagt, die Stärke der SPÖ muss sein, diese Breite an Meinungen auszuhalten. Das ist uns verlorengegangen, und das ist nicht gut für die Partei."

Dass der oberösterreichische Landesparteivorstand den Antrag der SPÖ-Frauen, das frei gewordene Prammer-Mandat wieder mit einer Frau zu besetzen, als unzulässig abgewiesen hat, habe viele Frauen in der SPÖ vor den Kopf gestoßen. "Da wird es mit Sicherheit noch viele Diskussion geben", sagt Ablinger, die als Vorsitzende der oberösterreichischen SP-Frauen auch im Bundesparteivorstand sitzt und dort am Montag ihre Meinung kundtun will.

Dass sich die Parteiführung über das Statut, das vorsieht, dass ein frei werdendes Mandat einer Frau wieder mit einer Frau nachzubesetzen ist, solange nicht Geschlechterparität erreicht ist, einfach hinwegsetzt, findet Ablinger "bizarr". Ablinger: "Ein Statut ist ja kein Wunschkonzert, das man sich je nach Situation richten kann, wie man es braucht."

Sie selbst empfindet sich nicht als zu kritisch. Als sie im Parlament gegen den Fiskalpakt und die Asylgesetze gestimmt hatte, habe sie die Landespartei hinter sich gewusst, "da gab es Beschlüsse und klare Diskussionen". Heute will die Parteiführung diese Auseinandersetzungen nicht mehr führen, beklagt Ablinger. "Es gilt: A Ruh' muss sein."

Unglücklich mit den Vorgängen in der Partei ist auch Gabriele Heinisch-Hosek, Frauenministerin und Frauenvorsitzende der SPÖ. Sie pocht auf die Einhaltung der Quotenregelung. Ob sie sich durchsetzen wird können, werden die Sitzungen der Parteigremien am Montag zeigen, in denen die Rochaden abgesegnet werden sollen. Die oberösterreichische SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger hofft "auf ein Umdenken im Bundesparteivorstand" und auf einen starken Auftritt der Frauenvorsitzenden Heinisch-Hosek.

Laut Faymanns Vorgabe soll Doris Bures neue Nationalratspräsidentin werden, Alois Stöger, bisher Gesundheitsminister, soll ihr als Infrastrukturminister nachfolgen, an seiner Stelle soll Sabine Oberhauser Gesundheitsministerin werden. Und das frei gewordene Mandat von Barbara Prammer, die Anfang August verstorben ist, soll eben nicht an Sonja Ablinger gehen, sondern an den Gewerkschafter Walter Schopf. Auch das soll in den Gremien abgesegnet werden.

Mit dem Nachrücken Schopfs sinkt der Frauenanteil im SPÖ-Parlamentsklub auf unter ein Drittel. Künftig stehen dort 35 Männer 17 Frauen gegenüber.

Die Parteiführung muss aus diesem Grund auch den Abgang ihrer ehemaligen Kommunikationsstrategin Katharina Krawagna-Pfeifer hinnehmen. Krawagna-Pfeifer, von 2003 bis 2005 Kommunikationschefin der SPÖ, teilte dem STANDARD am Sonntag mit, dass sie ihre Parteimitgliedschaft ruhend gestellt habe und nach 35 Jahren aus der Gewerkschaft ausgetreten sei. Krawagna-Pfeifer ist schwer verärgert über die jüngsten Vorgänge in der SPÖ: "Das ist zu weit gegangen", sagt sie zur Entsendung des Gewerkschafters Schopf. Der Partei wirft sie einen Statutenverstoß vor, dem Gewerkschafter Schopf einen "Verstoß gegen die Solidarität". Krawagna-Pfeifer war zehn Jahre lang für den STANDARD tätig, 2003 wurde sie vom damaligen SPÖ-Chef und späteren Kanzler Alfred Gusenbauer als Kommunikationschefin engagiert. (Michael Völker, DER STANDARD, 25.8.2014)