Wien - Sonja Ablinger tritt mit Jahresende als oberösterreichische SPÖ-Landesfrauenvorsitzende zurück. Das gab sie am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Linz bekannt. Einen Parteiaustritt plane sie nicht, aber ihren Beitrag werde sie an die Hilfsorganisation "Frauen in Not" überweisen. Sollte das von den SPÖ-Frauen verlangte Parteischiedsgericht entscheiden, dass ihr doch ein Mandat im Nationalrat zugestanden wäre, solle ihr die oberösterreichische SJ-Chefin und stellvertretende Landesparteivorsitzende Fiona Kaiser nachfolgen.

Hintergrund ist die Nachbesetzung des Mandats der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Dabei kam entsprechend der Landesliste der Gewerkschafter Walter Schopf zum Zug. Die oberösterreichischen SPÖ-Frauen hätten aber lieber ihre als aufmüpfig geltende Landesvorsitzende ins Parlament geschickt und beriefen sich auf die Quotenregelung.

Ablinger: Grenze wegen Unwahrheiten erreicht

Seither gärt es in dieser Frage in der SPÖ. Parteijugend- und Basisorganisationen verlangen einen Schiedsgerichtsentscheid. Nächstmögliche Termine dafür wären der Landesparteivorstand Anfang und der Bundesparteivorstand Mitte Oktober.

Ablinger begründete ihren Schritt unter anderem damit, sie wolle sich nicht "auf die Ebene persönlicher Diffamierungen" hinabziehen lassen. Mit der im STANDARD publizierten Erzählart des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger, wonach es Gespräche mit Ablinger und Schopf über einen beiderseitigen Mandatsverzicht gegeben habe, ist für Ablinger "eine Grenze erreicht". Sie habe den oberösterreichischen Parteivorsitzenden Reinhold Entholzer gebeten, gegen diese "Unwahrheiten" vorzugehen, aber: "Er hat dies verweigert." Folglich sieht Ablinger "keine Möglichkeit mehr, meine Tätigkeit als Landesfrauenvorsitzende längerfristig fortzusetzen".

Verlust für Frauenministerin

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die im Bundesparteivorstand selbst für Schopf gestimmt hatte, bedauert die Entscheidung Ablingers via Facebook: "Sonja Ablinger richtet den politischen Blick immer auf die Frauen, die unsere Unterstützung am meisten brauchen. Ihr Rücktritt bedeutet für die SPÖ-Frauen einen Verlust einer engagierten, kämpferischen und kritischen Stimme."

Im Gespräch mit derStandard.at zeigte sich die oberösterreichische Abgeordnete und Parteirebellin Daniela Holzinger am Donnerstag "erschüttert und traurig" über Ablingers Rücktritt. "Die überzeugten Sozialdemokraten ziehen sich zurück, die SPÖ bleibt übrig", sagte Holzinger. Der Umgang mit Menschen, die sich in der Partei noch an die Grundwerte halten, sei auch der Grund, weshalb sich immer mehr Wähler von der Sozialdemokratie abwenden würden.

Ob angesichts der Vorkommnisse Kanzler Werner Faymann weiterhin SPÖ-Chef sein soll, müsse "jeder für sich selbst entscheiden", so Holzinger.

Entholzer: Wünsche Ablinger alles Gute

SPÖ-Landeschef Entholzer nahm Ablingers Rücktritt "zur Kenntnis". Er "respektiere das als ihre persönliche Entscheidung, auch wenn ich sie nicht nachvollziehen kann". Entholzer weiter: "Ich habe die berechtigte Aufregung über die widersprüchlichen Bestimmungen des Parteistatuts, die mehrfach in Folge eine Schwächung der Geschlechterquote zugelassen haben, verstanden. Ich habe außerdem verstanden, dass die öffentliche Diskussion gesucht wurde, um Druck für ein Überdenken der Beschlüsse der Parteivorstände aufzubauen."

Der Entscheidung des Schiedsgerichts sehe er "interessiert entgegen in der Hoffnung, dass die Widersprüche aufgezeigt werden und damit klargestellt wird, dass bei den Statuten ein dringender Änderungsbedarf besteht".

Kaiser: Trauriger Tiefpunkt

Ablingers Rücktritt sei "der traurige Tiefpunkt dieses Schauspiels, in dem es nicht mehr um die Sache an sich, die Quotenregelung und Gleichberechtigung in der Sozialdemokratischen Partei, gegangen ist, sondern darum, Sonja Ablinger als Person im Nationalrat zu verhindern. Zum Schluss eben mit Vorwürfen, die jeglicher Grundlage entbehrten", sagte SJ-Landesvorsitzende Kaiser, für ein Mandat im Nationalrat stehe sie "gerne zur Verfügung".

Die Grünen wollen trotzdem von Heinisch-Hosek, Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser und Nationalratspräsidentin Doris Bures drei Punkte geklärt wissen: "1. Werden Sie versuchen, die oberösterreichische SP-Frauenchefin Sonja Ablinger zurückzuholen?", "2. Was werden Sie ab jetzt zur Erhöhung der realen Frauenquote in Ihrer Partei tun?", und "3. Bedauern Sie eigentlich den Rücktritt von Sonja Ablinger?" Eine Antwort hat Heinisch-Hosek am Donnerstag bereits gegeben: "Die aktuelle Quotendiskussion hat gezeigt, dass wir innerhalb der SPÖ die Statutenfrage rasch klären müssen."

Die Wahl von Ablingers Nachfolgerin wollen die oberösterreichischen SP-Frauen bei einer außerordentlichen Landesfrauenkonferenz am 13. Dezember abhalten. (APA/red, 18.9.2014)