(KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Geldregen - eine Aktion für das Grundeinkommen in der Schweiz.

Wien - Keine Existenzängste; Zeit, sich zu fragen, was man mit seinem Leben anfangen will; Muße, sich ohne Druck zu bilden - vieles, das man mit der Idee des Grundeinkommens verbindet, klingt nach dem einstigen Klischeebild studentischer Freiheit.

Das eilige ECTS-Sammeln, das Studieren heute sein kann, hat damit nur mehr wenig zu tun. Unter Studierenden werden daher Stimmen für ein Grundeinkommen laut. Die Österreichische HochschülerInnenschaft fordert etwa ein "Grundstipendium" für Studierende: 800 Euro, unabhängig von Alter und sozialer Lage der Eltern, aber geknüpft an einen Leistungsnachweis von jährlich 16 ECTS.

Weiter greift die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE): ein lebenserhaltendes Gehalt für jede und jeden, ab der Geburt und ohne jegliche Auflagen. Mit vielen Veranstaltungen auch in Österreich fand im September die 7. Internationale Woche des Grundeinkommens statt.

"Dass man sich für jeden Euro rechtfertigen muss, macht das Lernen nicht leichter", sagt Marina Maier, die in Wien Kultur- und Sozialanthropologie studiert und sich für das BGE engagiert.

Eine Freiheit des BGE sei etwa, dass Grundlegendes abgedeckt sei und man sich "nicht psychisch fertigmachen muss, wenn man vergisst, sich wo anzumelden und das Toleranzsemester verlorengeht", sagt Maier.

Maier verspricht sich vom BGE gänzlich neue Bedingungen für das Studium und eine Veränderung der Arbeitsstrukturen generell. Arbeitnehmer hätten eine neue Verhandlungsbasis: Unbeliebte Jobs müssten besser bezahlt werden, und so begänne eine andere Wertschätzung: "Der soziale Stempel wird weggenommen." Dabei habe das BGE einen anderen Beigeschmack als Beihilfen: "Ich bin kein Sozialfall, sondern selbstverantwortlich", sagt Maier.

Wege der Umsetzung

"Das Wichtigste ist die Kernfrage: Wollen wir den Menschen das Recht auf Existenz finanziell sichern?", sagt Tobias Krall. Der Student der Umweltsystemwissenschaften an der Uni Graz schreibt seine Diplomarbeit über das Grundeinkommen im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum. Seine Arbeit zeigt: Die Einschätzungen, wie sich ein BGE auswirken würde, sind extrem unterschiedlich. "Das ist mit quantitativen Messungen schwer berechenbar."

Krall selbst ist der Idee des Grundeinkommens positiv gesinnt. Für eine sinnvolle Umsetzung sei es jedoch wichtig, dass es bereits kleinere Initiativen gibt, die ähnliche Gedanken leben - wie etwa Foodcoops, solidarische Lebensmittelkooperativen -, und zudem Menschen, die "sich das auf der großen Ebene anschauen". "Es kann sich zu einer Revolution auswachsen, aber dafür müssen die Bedingungen stimmen", sagt auch Maier. Die Strukturen für ein sinnvolles BGE müssten daher langsam wachsen.

Krall konzentriert sich in seiner Diplomarbeit auf die Schweiz. Dort ist die Diskussion besonders lebendig: Eine Volksinitiative sammelte über 120.000 Unterschriften und kann damit eine Volksabstimmung über das Grundeinkommen einleiten.

Auch in Deutschland gewinnt das Thema an Öffentlichkeit. Im September wurden vier Jahresgrundeinkommen - finanziert durch Crowdfunding - verlost. Die Idee: durch diese Fallstudien eine leise Vorstellung davon zu gewinnen, was das BGE für die Gesellschaft heißen könnte. (Julia Grillmayr, DER STANDARD, 2.10.2014)