Wien - Die SPÖ will sich bis 2016 ein neues Parteiprogramm verpassen, wobei die Länder Input liefern sollen. Die Wiener machten am Donnerstagabend im Beisein von Kanzler Werner Faymann den Anfang. Unter breiter Einbindung der Basis sollen nun Positionen hinterfragt und erneuert werden. Bürgermeister Michael Häupl appellierte dabei, Grundwerte wie Solidarität auch in der Asyldebatte zu leben.

Intellektuelle Challenge ...

Ein neues Programm zu schreiben – das aktuelle stammt aus dem Jahr 1998 – sei "eine intellektuelle Challenge", aber aufgrund der sich rasch ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten die Mühe wert, befand Häupl bei der Kick-off-Veranstaltung im noblen Palais Ferstel in der Wiener Innenstadt. "Es geht nicht um das Aufgeben von Grundwerten, aber wir müssen schon hinterfragen: Wie sehr leben wir sie denn eigentlich?", fragte der Bürgermeister, der auch Vorsitzender der Wiener Landespartei ist.

Lediglich am 1. Mai begeistert von der internationalen Solidarität zu singen bringe nichts, man müsse auch danach handeln. Deshalb sei für ihn klar gewesen, dass Wien bei der Unterbringung von 600 Flüchtlingen helfen würde: "Da brauche ich gar nicht nachdenken, das kommt bei mir aus dem Rückenmark." Diese Grundwerte zu leben sei aber nicht allein Aufgabe der Parteiführung, alle Gesinnungsfreunde hätten sich daran zu halten.

... nicht nur für "ein paar Gscheite"

Was den Wiener Beitrag zum neuen Programm betrifft, bemüht man sich – wohl auch in Hinblick auf die Gemeinderatswahl 2015 – um eine offene und breite Debatte. Sprich: Nicht nur "ein paar Gscheite" (Häupl), sondern die Sympathisanten an der Basis sind gefordert. In den nächsten Wochen sollen die Bezirksorganisationen acht Themenfelder von Arbeit über Wohnen bis Gesundheit diskutieren und dabei Bevölkerung und Zivilgesellschaft einbinden. Zwischenergebnisse werden am Landesparteitag im kommenden Frühjahr präsentiert. Danach sollen via Online-Foren weitere Ideen gesucht und schließlich alle Inputs bis zur ersten Jahreshälfte 2016 als "Wiener Position" zusammengeführt und der Bundespartei übergeben werden.

Keine armen Schlümpfe

Bundeskanzler und Parteichef Faymann betonte, dass die Sozialdemokratie immer eine Partei der Arbeit gewesen sei. Das neue Parteiprogramm müsse im Hinblick auf die Wertehaltung genau festlegen, "welche Art von Gesellschaft wir uns vorstellen". Rücksicht auf den Koalitionspartner will man freilich nicht nehmen. "Denn wenn wir nur für eine Gesellschaft eintreten dürfen, für die uns die ÖVP eine Erlaubnis gibt, wären wir arme Schlümpfe." Faymann skizzierte in seiner gut halbstündigen Rede die roten "Haltegriffe": Verteilungsgerechtigkeit (Reichensteuern), Bildung (gemeinsame Schule), Spekulationsverbot, Chancengleichheit, leistbares Wohnen und das Bekenntnis, dass "Antisemitismus und Ausländerhass kein Kavaliersdelikt" seien.

Faymann mahnte zudem, gegen Pauschalisierungen aufzutreten: "Wir machen nicht eine ganze Religionsgemeinschaft dafür verantwortlich, dass es Terroristen gibt. Wir nennen die Terroristen beim Namen." Für Häupl gab es Lob für die Aufnahme der 600 zusätzlichen Flüchtlinge. (APA, 3.10.2014)