Bleibt im Bett: Lilie (Julia Schranz, hier mit Georg Schubert).


Foto: Anna Stöcher

Wien - Die ersten Worte sind oft die schwierigsten. Ja, der Anfang ist ein Hund. Das mag sich auch Regisseur Steffen Jäger beim Verfassen seines Autorendebüts Shut (Me) Down oder Der Weg ins Zentrum des Abseits für das Wiener Theater an der Gumpendorfer Straße (Tag) gedacht haben.

So lässt er zunächst prompt den personifizierten Anfang (Raphael Nicholas) die Bühne betreten, welcher später in Gestalt eines dauerhechelnden Wuffels nahezu alle Szenen begleitet, ehe er schließlich als Ende dem Publikum den Weisel gibt. Der Pudel ist somit gewissermaßen der Kern eines Stücks, das, von Iwan Gontscharows Roman Oblomow inspiriert, vordergründig von einer Investmentbankerin erzählt, die eines Tages nicht mehr ihr Bett verlassen will.

Eingewickelt in ihre Decke blickt Lilie (Julia Schranz) auf eine vor die Hunde gehende Welt, in der jeder an jedem vorbeiredet. Ihr Mann, der ölige Lokalpolitiker Robert (Georg Schubert), träumt von absoluten Mehrheiten, Freundin Helene (Emese Fáy) von einer Karriere als Schriftstellerin. Der Ex-Kollege Schachinger (Jens Claßen) wird von einem Videospiel verschlungen, und Lilies Schwester (Elisabeth Veit) redet ständig von der toten Mutter. Dazwischen beschwert sich da Vincis Mona Lisa (Fáy) über "Phantomschmerzen" ihres "nicht mehr vorhandenen Arsches", und eine wohlgenährte Europa (Veit) rechnet mit ihrem Leben und Zeus ab: "Als Hure habe ich begonnen, als Hure werde ich enden. Aber immerhin: Ich bin mir treu geblieben."

Das Treiben der oft aggressiven Frauen und armseligen Männer auf dem weißen Bühnenboden (Alexandra Burgstaller) ist stellenweise selbstreferenziell, von satirischem Sprachwitz geprägt und meistens so schrill wie auch Aleksandra Kicas Kostüme. Kurzum, es herrscht eine gepflegte Hysterie, in der antike Tragödie und Popkultur lautstark aufeinandertreffen.

Flott zusammengestoppelt

Verbindungen lassen sich zwischen den stets sehr trashig gehaltenen Szenen zwar ausmachen, die nehmen dem Stück allerdings nichts von seinem auch in der offensichtlich angestrebten Gesellschaftskritik eher willkürlich erscheinenden Charakter. Vieles wirkt zu sehr wie nach kurzer Wikipedia-Lektüre flott zusammengestoppelt, um tatsächlich ein rundes Ganzes zu ergeben. Ein einsatzfreudiges Ensemble und gute Regieideen geben der Aufführung jedoch zusätzlichen Schwung und bringen das Tag trotz kleiner Unebenheiten zum Saisonstart gut in Fahrt. (Dorian Waller, DER STANDARD, 10.10.2014)