Azra Zornic darf nicht gewählt werden. Die Bosnierin, die sich wie viele andere nicht "ethnisch" definieren will, kann wegen der ethnonationalen Verfassung nicht ins Staatspräsidium. Kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wieder bestätigt, dass dies menschenrechtswidrig ist. Bei den Wahlen am Sonntag durfte Zornic trotzdem nicht kandidieren. In Bosnien-Herzegowina bleibt vieles - etwa die Dominanz der Nationalen - beim Alten. Doch es gab auch Bewegung, insbesondere in der Republika Srpska, einem der beiden Landesteile.

So hat etwa Mladen Ivanic laut den vorläufigen Ergebnissen den serbischen Sitz im bosnischen Staatspräsidium gewonnen: ein Mann, der von vielen im gesamten Staat anerkannt wird und der keinen Nationalismus betreibt. Insgesamt ist an den Wahlergebnissen abzulesen, dass diesmal die Frage, wie man wieder Arbeitsplätze schaffen könnte, die Bürger in der Republika Srpska mehr bewegte.

So konnte die Opposition, die auf wirtschaftliche Fragen setzte, dazugewinnen. Was in ganz Bosnien-Herzegowina aber weiterhin fehlt, ist eine Diskussion um sinnvolle wirtschaftspolitische Konzepte und Reformen, die das Land so dringend bräuchte. Würden solche Entwicklungsstrategien von den verschiedenen Parteien ernsthaft ausgearbeitet werden, dann hätten die Bosnier endlich wirklich eine Wahl. Die Tatsache, dass das Thema diesmal wichtiger wurde, ist aber zumindest ein Schritt in diese Richtung.(Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 14.10.2014)