Wien - Wir schreiben das Jahr 2034. Entgegen dem erwarteten Großvater-Gerede ist der nun 80-jährige I Stangl der Meinung: Früher war nicht alles besser. Außer vielleicht ganz früher - nämlich in Mamas Bauch, dem besten neunmonatigen All-inclusive-Urlaub. In Stangls neuem Programm In Mama war es doch am schönsten gibt er in der Wiener Kulisse Aus- und Rückblick auf die kommenden 20 Jahre.

Ob man ihm diese Liebe zum Jahr 2034 glauben mag, sei dahingestellt. Denn in den letzten Jahren hat sich so einiges getan: Der Meeresspiegel "hat expandiert", vormaliges Triest ist nun beliebtes Taucherparadies. Die EU besteht aus 334 Mitgliedsstaaten, da sich alle Nationalstaaten in kleinste Teile zerspalten haben - Nord-Nord-Irland wollte von Nord-Süd-Irland einfach nichts mehr wissen.

Gesellschaftlich herrscht der moderne kategorische Imperativ: Behandle deinen Nächsten so, wie du es auch vor der Videokamera tun würdest. Sicherheit lautet das geliebte Gebot, ohne Helm geht man am besten nicht mehr außer Haus.

Stangl verfremdet in seinen ironisch-sentimentalen Erzählungen auch gegenwärtige Ereignisse und führt sie in absurde Konstellationen. Er kann sich noch erinnern, als - damals - Harald Vilimsky den Song Contest gewann. Wie gesagt, früher war eben nicht alles besser.

Auf politischer Ebene wirkt Stangls Zukunftsprognose etwas müde: Die Grünen haben die Westautobahn zum Radweg erklärt, die Tangente ist "autofreie" Zone. Die Mariahilfer Straße wurde in Mariavassilakou-Straße umbenannt. Diese Szenarien kommen einem irgendwie bekannt vor, allerdings aus dem Munde von (zugegebenermaßen oft kabarettistisch anmutenden) Populär-Politikern. Auch die postulierte "Kabarett-Scharia", bei der man bei Handyklingeln gesteinigt wird, sorgt eher für nervöses Hüsteln im Publikum.

Ganz ohne musikalische Unterstützung, Bühnenbild oder Atempause ist I Stangl 80- (bzw. 60-)jähriger Alleinunterhalter. Als Zugabe gibt er noch seine größte Angst im Alter preis. Und die ist ganz unkabarettistisch: Dass nämlich die Clini Clowns eines Nachts grinsend an seinem Krankenbett stehen. Wobei die Clown-Phobie ja eine nachvollziehbare neurotische Eigenart ist. Für jedes Alter. (Lina Paulitsch, DER STANDARD, 28.10.2014)