Klagenfurt - Marco Stormans ganz eigenständige Inszenierungen werden allmählich zu einem Markenzeichen des Klagenfurter Stadttheaters. Nach dem so erfrischend unwienerischen Rosenkavalier im Vorjahr zäumt er jetzt das Operngespann Cavalleria Rusticana und Pagliacci neuartig als ein kohärentes Verwirrspiel um Kunst und Leben auf.

Da öffnet jede Bühne die Aussicht auf eine weitere, und Mary Elizabeth Williams' Santuzza ist nicht nur die Verlobte, die von Turiddu betrogen wird, sondern auch die Zuschauerin ihres eigenen Dramas. Alexander Soddy und sein Kärntner Sinfonieorchester sind geradezu andächtig bei der Sache. Für die gesanglichen Höhepunkte sorgt, obwohl es neben der erwähnten US-Sopranistin mit Ricardo Tamura als Turiddu/Canio oder mit Guanqun Yu als Nedda weitere international namhafte Gäste gibt, der von Günter Wallner präzisest einstudierte Stadttheater-Chor.

Er unterstreicht, dass Kärnten ein Land der Chöre ist. Und zu Recht darf dieses Kollektiv, das kostümlich einer süditalienischen Dorfgemeinschaft nachempfunden ist, beim Schlussapplaus mehrfach an die Rampe.

Das ist als musikalisches Kompliment gemeint, hat aber bei Storman auch inhaltlich seine Begründung: Es ist das Kollektiv, das bereits seinen Kindern - die Bühne wimmelt davon - die Muster einimpft, nach denen sie als Erwachsene funktionieren.

Auch Lebensrollen sind theatralisch. Daran ändert nichts, dass Csaba Szegedis Fuhrmann Alfio ebenso wie später sein Tonio scheinbar zu allem lächelt oder dass sich Canio als Bajazzo alles gefallen lässt, was er als Verliebter für unerträglich hält. Unter den Masken kocht das Blut. Was es derart erhitzt, ist am Ende genauso vorgegeben wie das lächerlich heroische Gehabe eines Duells.

Ehrgeiz, Eifersucht und besonders das gekränkte Selbstwertgefühl bei Beziehungsverlusten bestimmen alles. Keineswegs unschuldig sind die Santuzza oder die Nedda. Richtig schauerlich wird es, wenn die Männer die Probleme lösen wollen. (Michael Cerha, DER STANDARD, 3.11.2014)