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Der frühere Lobbyist Walter Meischberger hat den Glücksspielkonzern Novomatic beraten, der Gerichtsgutachter vermisst aber bei etlichen Zahlungen die Leistung.

Foto: APA/Jäger

Wien – In der Causa Novomatic ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Exlobbyist Walter Meischberger, Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser und Ex-Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt; es geht um den Verdacht der Bestechung, Untreue, Geschenkannahme durch Beamte. Grasser wird vorgeworfen, 2006 im Rahmen der (von Telekom und Novomatic angestrebten, aber gefloppten) Liberalisierung des Gücksspielgesetzes Geld bekommen zu haben – die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Vor kurzem fanden, wie berichtet, Hausdurchsuchungen statt. Insgesamt flossen von 2005 bis 2009 rund zwei Millionen Euro von Novomatic und deren Tochter Austrian Gaming Industries AG an Unternehmen Peter Hocheggers und Meischbergers.

Die WKStA hat die Causa von der Staatsanwaltschaft Wien übernommen, nachdem Gerichtsgutachter Matthias Kopetzky im April seine Expertise vorgelegt hatte. Sie ortet Parallelen zu den Buwog-Zahlungen; u. a. weil der Gutachter Barabhebungen Meischbergers von jenem Liechtensteinkonto fand, das die Buwog-Ermittler Grasser zuordnen.

Kein schriftlicher Vertrag

Gutachter Kopetzky kommt zu dem Schluss, dass Hochegger für seine Honorare nachvollziehbare Leistungen erbracht habe. Bei der Zehnvierzig, Meischbergers Agentur, die die besagten 100.000 Euro bekam, ist er skeptischer. Einen schriftlichen Vertrag mit Novomatic gebe es für diese von Wohlfahrt abgesegnete Zahlungen (je 50.000 Euro im August und Oktober 2005) nicht, allein das sei "nicht nachvollziehbar". Konkrete "Leistungen" Meischbergers ließen sich "nicht feststellen". Die ersten 50.000 Euro habe Meischberger "zeitnah" für private Zwecke und eine Sondertilgungsrate für seinen Hausbau in Wien-Döbling ausgegeben.

Was der Gutachter aber auch herausfand: "In einem auffallend zeitlichen und betraglichen Naheverhältnis" zur Einzahlung durch die Novomatic auf das Zehnvierzig-Konto habe Meischberger 50.000 Euro von seinem Hypo-Vorarlberg-Konto bar abgehoben, fünf Tage später seien auf dem Liechtensteinkonto Nr. 400.815 (das die Justiz Grasser zuordnet) 50.000 Euro gelandet. Laut Gutachten handelt es sich mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" um dasselbe Geld. Der Gutachter hat den Eindruck, dass die erste Barauszahlung "vorfinanziert" wurde.

Liechtenstein-Konto

Die zweite 50.000-Euro-Zahlung (brutto 60.000) wurde am 17. November 2005 von Novomatic Richtung Zehnvierzig überwiesen. Laut Gutachten wurden am 15. November und 1. Dezember insgesamt 60.600 Euro von Meischberger zuzuordnenden Konten bar behoben. "Die Verwendung dieser Bargelder ist nicht nachvollziehbar und wird vom Gericht zu klären sein", schreibt Kopetzky.

Direkte Zahlungsflüsse zu Grasser macht er nicht aus. Mit folgender Einschränkung: "Geht das Gericht davon aus, dass das Konto Nr. 400.815 bei der HIB Liechtenstein AG ... Grasser zuzurechnen ist, so hätte dieser am 5. September 2005 Euro 50.000 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch eine Bareinzahlung von Walter Meischberger ... erhalten. Finanziert wurden diese Gelder im zeitlichen Zusammenhang betrachtet durch in der Zehnvierzig einlangende Gelder der Novomatic AG."

Ob das Liechtensteinkonto Grasser zuzurechnen ist – das wird wohl erst das Beweisverfahren in einem etwaigen Strafverfahren ergeben. Der Buwog-Vorhabensbericht liegt aber noch im Ministerium, wo der Weisenrat über eine etwaige Anklage Grassers u. a. entscheiden muss.

Abseits komplizierter Zahlungsströme und der lockeren Auftragsdokumentation in der Novomatic AG erschließt sich aus dem Gutachten auch die Hektik und Überraschung, die der Abänderungsantrag zum Glücksspielgesetzes damals, im Juli 2006, ausgelöst hat. Grasser war als Finanzminister fürs Glücksspiel zuständig und votierte plötzlich für die Lockerung des Glücksspielgesetzes. Selbiges sollte damals minimal verändert werden, doch kurz vor der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause wurde dem ÖVP-Klub ein im Finanzministerium erarbeiteter Abänderungsantrag vorgelegt, der die Lizenz für Onlineglücksspiel vorsah.

ÖVP mobilisiert in letzter Minute

Der Vorsitzende des Finanzausschusses, ÖVP-Abgeordneter Günther Stummvoll, legte sich quer, setzte den Antrag nicht auf die Tagesordnung. "Dieser Entwurf war überhastet, es handelte sich um eine weitreichende Gesetzesänderung, die man ohne Begutachtung nicht beschließen konnte", sollte Stummvoll später sagen.

Dabei war man nur durch einen Zufall auf die Brisanz des Themas gekommen. Gelandet war der Abänderungsantrag nämlich just beim parlamentarischen ÖVP-Mitarbeiter Clemens Wallner. Der informierte seinen Vater, den damaligen Casinos-Austria-Chef Leo Wallner. Selbiger intervenierte bei Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf – erst dann war Feuer am Dach der ÖVP. (Renate Graber, DER STANDARD, 11.11.2014)