"Fritzpunkt" zeigen, was aus dem historischen Galizien wurde: Gegenstände des Eingedenkens, die nicht nur an die Zeit des real existierenden Sozialismus erinnern.

Foto: Fritzpunkt

Wien - Das Theaterkollektiv Fritzpunkt fügt dem Veranstaltungsmarathon im laufenden Weltkriegsgedenkjahr einen weiteren Termin hinzu. Allerdings "weniger hysterisch als historisch", so Anne Mertin über das Stück mit dem sperrigen Titel Für die Phantasmabildungen von Hochverrätern gründeten sie den Verein Ohne Erinnerung. In der Regel sei die "übliche Erinnerungskultur nämlich etwas beschränkt, weil sie sich zu sehr an Objekten der Vergangenheit festmacht". Zu dieser Erkenntnis gelangten die Fritzpunkt-Akteure, die bisher das Werk der österreichischen Autorin Marianne Fritz im Fokus hatten, auf einer Rundreise durch die einstigen Kronländer des Habsburger Reichs. Besonders das mythische Galizien hat es ihnen angetan, und dort vor allem die Fülle an hierzulande wenig bekannter Literatur.

"Nur die wirklich gute, verdichtete Literatur ernährt die Erinnerung und nicht Gegenstände", sagt Mertin. Daher bringe es nichts, ständig geschichtliche Ereignisse zu benennen und aufzuzählen. Fritzpunkt wollte im Gedenkjahr eine neue Methode ausprobieren. Nach dieser müsse man vor allem Gegenstände mit religiösem oder politischem Symbolgehalt loswerden, um Platz für die wirklichen Träger der Erinnerung zu machen - den literarischen Texten.

Als Ort wählte man ein Glashaus gegenüber dem Zentralfriedhof, in dem das Publikum einen Rundumausblick auf emsiges Erinnerungsentsorgen hat. Eine alte Fahne mit Hammer und Sichel sowie dem Bildnis Lenins wird da ebenso in Zellophan verpackt und in den "Social Freezer" verräumt wie ein afghanischer Gebetsteppich. Über all dem wacht Sissi, der präparierte Kopf einer erlegten Wildsau aus dem Besitz derer von Schönborn.

Ob die Theorie aufgeht, bleibt offen. Denn schon der Name "Verein Ohne Erinnerung" sei ja eine paradoxe Formulierung. (Barbara Freitag, DER STANDARD, 12.11.2014)