Ob die Zehn- bis 14-Jährigen in Vorarlberg künftig in eine gemeinsame Schule gehen werden, steht auch nach einer breiten Befragung noch nicht fest. Bis Mai 2015 sollen Experten Vorschläge machen.

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Bregenz – Wer sich ein klares Ja oder Nein zur gemeinsamen Schule erwartet hat, wird durch die neue Vorarlberger Studie enttäuscht. Die Befragung zeigt aber deutlich die Unsicherheit der Eltern und die Polarisierung der Lehrenden auf.

Zur Überraschung aller war die Beteiligung hoch: 83 Prozent der angeschriebenen Eltern antworteten, 95 Prozent der Jugendlichen (6. und 8. Schulstufe), aber nur 44 Prozent der Lehrenden. Die Ergebnisse zur gemeinsamen Schule stellte Landesrätin Bernadette Mennel (VP) auch gar nicht in den Vordergrund ihrer Präsentation am Donnerstag. Wichtiger war ihr die Zufriedenheit der Eltern (90 Prozent) mit der Schule und den Schulerfolgen der Kinder.

56 Prozent der Eltern für gemeinsame Schule

"Die Bereitschaft, organisatorische Weiterentwicklungen mitzutragen, ist unterschiedlich ausgeprägt", umschrieb Mennel das Pro und Kontra zur gemeinsamen Schule: 56 Prozent der Eltern von Volksschulkindern sind für die gemeinsame Schule, 51 Prozent für das zweigliedrige System. Eltern von Mittelschülern wiederum wollen eindeutig die Gesamtschule (58 Prozent), Gymnasiasteneltern wiederum sind zu 55 Prozent dagegen oder unentschlossen. Eindeutiger ist die Meinung der Lehrenden: An Volks- und Mittelschulen ist man mit 72 und 77 Prozent für die gemeinsame Schule, an den AHS zu 57 Prozent dagegen.

Chancengerechtigkeit erwarten sich durch die gemeinsame Schule alle außer die Lehrenden der AHS. Den Vorteil einer späteren Bildungsentscheidung sieht aber auch die Mehrheit dieser Berufsgruppe. Unsicher sind sich die Eltern, ob es durch gemeinsame Schulformen zu Unter- oder Überforderung der Kinder kommen könnte. Hier bedürfe es noch intensiver Informationsarbeit, räumt Mennel ein.

Schulversuch wird realisiert

Wenig bis gar nichts dürften Eltern über Vorteile ganztägiger Schulformen wissen. Denn je nach Schulform wollen 59 bis 78 Prozent keine Ganztagsbetreuung. Mennel will nun Eltern "verstärkt über die Vorteile informieren".

Zur Schulzukunft wurden Eltern und Lehrenden 130 Fragen gestellt, die 7797 Schülerinnen und Schüler bekamen einen eigenen Fragenkatalog. Ob sie eine gemeinsame Schule möchten, wurden sie nicht gefragt.

Was geschieht nun mit dem Datenmaterial? Bis Ende Mai 2015 soll die Projektgruppe Empfehlungen auf Basis der Daten vorlegen. Dann wird laut Mennel ein pädagogisches und organisatorisches Maßnahmenpaket zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe I vorgelegt. Schritt für Schritt nähert man sich dem versprochenen Schulversuch.

Die 169 Seiten starke Umfrage will Mennel bereits in den nächsten Tagen den Bildungsreferenten der anderen Bundesländer, die daran sehr interessiert seien, vorlegen. "Auch Vizekanzler Mitterlehner bekommt von mir einen Band", sagt Mennel. Nächstes Jahr will sie dem Bund ein weiteres Papier präsentieren: einen Schulversuch in der Modellregion Vorarlberg. Wie umfangreich die Modellregion sein wird, will Mennel noch nicht sagen. Das hänge von den Expertenempfehlungen ab. (Jutta Berger, DER STANDARD, 28.11.2014)