Wien – Im "Kaiserzimmer" des Kanzleramtes präsentierte Josef Ostermayer (SPÖ) am Dienstag seine Reform des Amtsgeheimnisses – und strahlte dabei wie ein solcher. Doch schon kurz nachdem Ostermayers Gesetzesentwurf den Ministerrat passiert hatte, traten Kritiker auf den Plan: Erst recht werde wieder vieles unter Verschluss gehalten werden können, meinen sie. Doch zuerst zu den Vorhaben der Regierung, die mit Jahresbeginn 2016 in Kraft treten sollen, im Detail:

  • Grundrecht auf Information: Nach jahrelangem Ringen und einem gescheiterten Gesetzesvorschlag im Sommer will die Koalition den Bürgern ein Grundrecht auf Zugang zu staatlichen Informationen einräumen – doch dafür braucht sie eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und damit die Zustimmung von den Freiheitlichen oder den Grünen.
  • Auskunftspflichtige Behörden: Generell sollen Behörden auf Bundes- und Landesebene, Nationalrat, Landtage, Gerichte, Rechnungshöfe und Volksanwaltschaft eine Pflicht zur aktiven Information bekommen, also von sich aus Erlässe, Weisungen, Gutachten, Urteile und Studien veröffentlichen. Auch für rechnungshofkontrollierte Unternehmen soll das gelten.
  • Begehren und Beschwerden: Bürger, die Auskunft möchten, können sich "in jeder technischen möglichen Art und Weise" an die Behörden richten. Scheitern sie, können sie sich bei der Volksanwaltschaft oder beim Verwaltungsgericht beschweren, deren Entscheide werden vom Verfassungsgerichtshof kontrolliert.
  • Ausnahmen: Weiterhin finden sich großzügige Ausnahmen im Regierungsentwurf. So dürfen sich Behörden weiterhin schweigsam zeigen, wenn dies beispielsweise durch "außen- oder integrationspolitische Gründe" oder "überwiegend berechtigte Interessen eines Dritten" gerechtfertigt sei. Auch, wenn die Informationen "zur Vorbereitung einer Entscheidung" dienen, darf sie vorenthalten werden. Besonderen Schutz erhalten etwa auch die Sozialversicherungen: Sofern die Information die wirtschaftlichen Interessen eines Selbstverwaltungskörpers berührt, darf die Auskunft laut Regierungsentwurf verweigert werden.
  • Keine eigene Beschwerdestelle: Was in der Vorlage explizit fehlt, ist ein Informationsfreiheitsbeauftragter nach deutschem Vorbild. Das Forum Informationsfreiheit kritisiert dies, auch die Grünen lehnen den Entwurf unter anderem deshalb ab und drängen auf Nachverhandlungen. Ostermayer verweist jedoch darauf, dass die Volksanwaltschaft als Ombudsstelle dient. Man wollte eben keine neue "Sonderbehörde" schaffen, wo doch erst im Vorjahr 120 Behörden durch die neuen Verwaltungsgerichte ersetzt worden sind.

Die FPÖ befürchtet eine "schrankenlose Ausdehnung der Ausnahmen", da Bund und Länder jeweils eigene Gesetze erlassen müssen, um die Informationsfreiheit in ihrem Bereich zu verankern. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die drohende Zersplitterung des Informationsrechts in Länderregelungen bereits beim letzten Entwurf kritisiert. Die OSZE betonte auch, dass es nicht reicht, ein Recht auf Information ins Gesetz zu schreiben – man müsse den Bürgern genügend Handhabe geben, um sich gegen Verstöße wehren zu können.

Ohne Geld keine Auskunft

"Sehr skeptisch" zeigt sich Franz Fiedler, Ehrenpräsident von Transparency International, im STANDARD-Gespräch. Er bezweifelt, dass sich die Behörden bald aktiv daran machen, Auftragsvergaben, Beraterverträge oder Studienvergaben zu veröffentlichen. Quantitativ werde freilich mehr zugänglich werden, aber ob das auch qualitativ so sei, bezweifelt der Experte "mit den Erfahrungen als gelernter Österreicher".

Gratis werden die Auskunftsbegehren nicht sein – und ganz niederschwellig sei der Zugang auch nicht, kritisiert Fiedler: Für Beschwerden beim Verwaltungsgericht "werden viele wohl einen Rechtsanwalt brauchen", allein schon zum Aufsetzen des Schriftsatzes. Fiedlers Fazit: "Von einer Abschaffung des Amtsgeheminisses kann hier keine Rede sein." (Maria Sterkl, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 3.12.2014)