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Ruth Brauer-Kvam und Christian Nickel bei der Hausmusik.


Foto: APA/Roland Schlager

Wien - Gemeinhin gilt die berühmte Holiday Golightly aus Breakfast at Tiffany's als Vorläuferin von Gestalten wie Paris Hilton oder, etwas bürgerlicher, Liliana Matthäus. It-Girls. Frauen mit reichem Mann, aber ohne Eigenschaften.

In den Kammerspielen der Josefstadt, wo Michael Gampe Frühstück bei Tiffany nach einer Bühnenfassung von Richard Greenberg (deutsch: Ulrike Zemme) inszeniert, scheint die von Ruth Brauer-Kvam gegebene Holly vor allen Dingen an ADHS zu leiden.

Zwar zeigt Gampe, wie bei einem Split Screen, öfter simultane Handlungsabläufe auf der dank Drehbühne sehr wandlungsfähigen Bühne (Erich Uiberlacker). Anders als in der (leicht verkitschten) Filmfassung gibt es aber kein Happy End - und keine leisen Töne. Diese Holly ist sogar in den Momenten, die von ihrer traurigen Vergangenheit zeugen, nie ganz bei sich. Selbst ihr Heulen ist theatralische Show, und auch die Liebe zum braven Nachbarn Fred mag man nur erahnen. Diese Holly spielt sich um Kopf und Kragen.

Christian Nickel überzeugt daneben als beflissen-redlicher Fred und schafft ganz entspannt den Spagat zwischen zwar stocksteif, aber doch keinen Stock im Arsch. Man glaubt ihm seine Gefühle und die Leidenschaft, die sich durch seine ganze Wohlanständigkeit Bahn bricht. Gampe setzt die beiden in ein heillos überspanntes Setting, in dem schwülstiger Jazz erklingt (wie auch Holly singt und zur Ukulele, Fred zur Trompete greift), betuchte wie besoffene Männer sich wie kleine Kinder benehmen (allen voran Nicolaus Hagg, dessen Rusty Trawler ein tobsüchtiges Kleinkind ist) und Sarah Jung als vulgäre Mag Wildwood im Fuchsschwanz räudige Balztänze aufführt. Für alle, die noch immer nicht kapiert haben, dass das hier ganz wilde Zeiten sind, gibt es darüber hinaus einen (eher unleidenschaftlichen) lesbischen Kuss.

Was anklingt, ist: Hier geht es um ein durchaus bedenkenswertes Beziehungsmodell zwischen Mann und Frau, verhaftet irgendwo zwischen Ökonomie, Berechnung und Geschlechterrollen. Doch zwischen Reflexion dieses Phänomens und gut gelaunter Unterhaltung will sich die (mit über zwei Stunden etwas zu lang geratene) Inszenierung nicht recht entscheiden. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 6./7./8.12.2014)