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Der Rollmops gilt nicht zufällig als Katerkiller.

Foto: apa (Hans klaus techt)

Wer vor Silvester schnell ein Glas Rollmöpse im Supermarkt ersteht, der sorgt vor. Ob er deshalb klug ist, wie im bekannten Sprichwort insinuiert, sei aber dahingestellt. Schließlich haben Rollmöpse nur einen kulinarischen Sinn zu erfüllen: Jenen Kater zu killen, den man sich am Abend zuvor aus freien Stücken angelockt hat.

Der Rollmops ist, wie der Name schon sagt, deutschen Ursprungs. Sein Name bezieht sich auf sein Äußeres, das tatsächlich frappant an die eingedepschte Visage des Rassetiers mit der luftigen Verdauung erinnert. In Österreich wird, wie stets, der ungleich anmutigere Begriff des Gabelrollers bevorzugt. Dass an dieser Stelle dennoch der bundesdeutsche Terminus Anwendung findet, ist nicht etwa einer ungehörigen Sympathie geschuldet, sondern der Geschichte: Der Rollmops, wurscht wie er sich schimpfen darf, ist halt ein Piefke. Und kam, mangels eigenem Ostseezugang, auch seit jeher aus Deutschland zu uns.

Zwiebel statt Gurke

Wobei: Es gibt schon Unterschiede. Während der Heringslappen (so der transgermanische Fachterminus) bei den Nachbarn um ein Stück Essiggurke gerollt wird, bekommt er in Österreich ein Innenleben aus Zwiebel verpasst. Um zu Lappen zu werden (man kann nur raten, ob der englische "rollmop" sich vom Wischlappen oder doch vom Mops herleitet), werden die Heringsfilets zuvor in Essig, Salz, Zucker und Gewürze eingelegt – der Essig hat neben der Konservierung auch die Aufgabe über, die Gräten aufzulösen.

Außerdem ist die Kombination aus Süße, Säure, Salz und der einen oder anderen herüber geretteten Omega-3-Fettsäure natürlich der Hauptgrund, warum dem Rollmops katerkillende Qualitäten nachgesagt werden: Die im Suff ausgeschwemmten Mineralien wollen schließlich schleunigst wieder nachgeschoben werden. Dass heute auch bei namhaften Herstellern Zucker durch künstlichen Süßstoff ersetzt wird, ist nicht etwa diätetischen, sondern ausschließlich Kostengründen zu verdanken: Wenn der Konsument es mit Kunstsüße eh auch kauft (und das tut er), dann kriegt er eben die in der Herstellung billigere Variante.

Bleibt noch eine finale Anmerkung zur Verinnerlichung: Ohne ein kühles Bier ist so ein Rollmops vernünftigerweise nicht zu vertilgen. Die therapeutische Wirkung des Reparaturseidls jedoch mag durch Selbstversuche bestätigt sein, sie wird von der Forschung aber keineswegs unterstützt. In diesem Sinne: Man sieht sich beim Fischregal. (Severin Corti, DER STANDARD, 31.12.2014)