Wien - Ab 2016 sollen alle Bürger einen leichteren Zugang zu bisher geheimen Informationen erhalten. Dann soll nämlich die Abschaffung des Amtsgeheimnisses in Kraft treten. Die Grünen befürchten jedoch, dass gleichzeitig das Fragerecht der Parlamentsabgeordneten eingeschränkt wird, also offiziell alle mehr erfahren dürfen, die Opposition aber weniger als bisher.

Konkret sollen die Behörden den Bürgern ab 2016 alle Informationen bekanntgeben, die nicht konkreten Geheimhaltungsgründen unterliegen. Geheimhaltungsgründe wären etwa zwingende außen- und integrationspolitische Gründe, nationale Sicherheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe oder finanzielle Interessen einer Gebietskörperschaft. Die Grünen stoßen sich nun daran, dass diese Geheimhaltungsgründe auch beim parlamentarischen Fragerecht "zu beachten" sein sollen.

Anfragerecht "massiv eingeschränkt"

Solange die Geschäftsordnung des Nationalrats keine speziellen Vorkehrungen zum Umgang mit vertraulichen Daten in Anfragebeantwortungen vorsieht, wäre das Anfragerecht damit massiv eingeschränkt, warnt Justizsprecher Albert Steinhauser. Und auch mit Vorliegen einer solchen Regelung befürchtet der stellvertretende Grünen-Klubchef, "dass die Ministerien beginnen, sich in heiklen Fällen hinter diesen Ausnahmetatbeständen zu verstecken", und Anfragen nur noch vertraulich beantworten. Damit wäre für Steinhauser die öffentliche Debatte über Anfragen und somit auch die Kontrolltätigkeit des Parlaments gefährdet.

Die Grünen fordern bei den anstehenden Verhandlungen über die Reform daher eine andere Lösung. "Eine Einschränkung des Anfragerechts ist inakzeptabel", sagt Steinhauser. "Da werden wir darauf bestehen, dass dieser Punkt komplett rauskommt." Er will stattdessen in der Verfassung fixieren, dass Abgeordneten alle Fragen zu beantworten und sämtliche Infos zu geben sind. Der nötige Schutz von Rechten Dritter sollte dann vom Parlament selbst via Geschäftsordnungsnovelle sichergestellt werden. "Wann dieser Schutz greift, hat aber das Parlament und nicht die Regierung im Einzelfall festzulegen", so Steinhauser.

Beschwerde bei Verfassungsgericht

Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol plädiert außerdem dafür, im Fall einer "Antwortverweigerung" durch die Regierung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu ermöglichen. Die Opposition beschwert sich schon jetzt immer wieder, dass die Regierung Anfragen nicht oder nur ungenügend beantworte. Ein Schiedsverfahren für derartige Streitfragen ist derzeit aber nicht vorgesehen.

Für die Reform des Amtsgeheimnisses braucht die Koalition eine Zweidrittelmehrheit und ist somit auf die Zustimmung von FPÖ oder Grünen angewiesen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats befasst sich noch im Jänner mit der Materie, danach beginnen die Parteienverhandlungen. (APA, 1.7.2014)