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Bei Diskussionen ist es ganz einfach, wie Männer den Feminismus unterstützen können: indem sie zuhören und ernst nehmen, was Frauen zu sagen haben.

Foto: dpa/Markus Heine

Interessant, jetzt diskutieren auch schon Männer in den Feuilletons darüber, wo der Feminismus recht hat und wo er irrt. Offenbar gab es einen Artikel im "Freitag" dazu, in dem ein Mann dem Feminismus erklärt, was er falsch macht – wir* sind zu nachsichtig mit dem Islam.

Ich habe den Text nicht gelesen, was ich aber gelesen habe, ist dieser Artikel, in dem ein anderer Mann als Antwort darauf den Feminismus (jedenfalls ein bisschen) gegen den ersten Mann in Schutz nimmt, indem er die Grenze zwischen dem, worin der Feminismus recht hat, und dem, wo er nicht recht hat, ein bisschen woanders zieht – sorry, ich kann das hier jetzt nicht ohne Sarkasmus, obwohl ich Sarkasmus eigentlich gar nicht mag.

Wieder einmal: DEN Feminismus gibt es nicht

Ich möchte kurz auf zwei Punkte aufmerksam machen, bei denen mir dieser – räusper – Diskurs symptomatisch für den gesellschaftlichen Umgang mit dem Phänomen Feminismus zu sein scheint.

Erstens: Der Kern des Feminismus ist es ja nicht, eine bestimmte Meinung zum Thema XYZ zu vertreten. Man weiß ja nicht, wie oft man es noch sagen soll, dass es DEN Feminismus nicht gibt, übrigens genauso wenig wie DEN Islam. Vielleicht ist ja diese Erfahrung, dauernd in Schubladen gesteckt zu werden, ein Grund, warum Feministinnen und Muslim_innen manchmal Gemeinsamkeiten zwischen sich entdecken.

However: Das Grundprinzip des Feminismus ist der Gedanke, dass Frauen nicht politische Objekte, sondern Subjekte sind. Das heißt, dass das, was sie sagen und denken, zählt und eine Rolle spielt, und zwar unabhängig davon, ob es im Rahmen einer männlichen symbolischen Ordnung "approved" wird.

Insofern ist es schon ganz für sich genommen drollig (traurig), wenn Männer so offensichtlich wie hier für sich die Rolle des "Wir-erklären-wo-der Feminismus-recht-hat-und-wo-nicht" beanspruchen. Allein dadurch beweisen sie, wie nötig Feminismus nach wie vor ist.

Männer sollen feministische Ansichten ernst nehmen – und kritisieren

Für alle, die das jetzt wieder missverstehen wollen: Damit sage ich nicht, dass Männer die Ansichten von Feministinnen nicht kritisieren dürfen oder sollen. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn man muss eine Meinung erst mal ernst nehmen, wenn man sie kritisieren will. Der Punkt, an dem es schiefläuft, ist nicht dort, wo ein Mann eine andere Meinung hat als eine Feministin. Sondern es läuft ab da schief, wo ein Mann einer Feministin erklärt, dass sie keine gute Feministin ist. Warum kann er sich denn nicht einfach ganz normal mit ihr auseinanderzusetzen, zum Beispiel indem er sowas sagt wie: "Bei Punkt xy bin ich anderer Meinung als du, weil …"?

Zweitens: Damit zusammenhängend gibt es den rhetorischen Trick, den Frauen quasi externe Motivationen für ihre Positionen unterzuschieben, also indirekt zu behaupten, dass sie ihre Positionen nicht einfach als politische Subjekte vertreten, weil sie zum Beispiel durch Nachdenken zu dem Schluss gekommen sind, diese Position vertreten zu wollen. Im oben zitierten Text liest sich das so:

"Ja, es ist auch mein Eindruck, dass die Frauenbewegung den Islam weitgehend umfährt. Sei es aus Feigheit oder aus ideologischer Blindheit oder aus einer Mischung aus beidem."

Besonders perfide dabei ist die Entweder-oder-Unterstellung, die so tut, als würden alle Eventualitäten abgedeckt werden. Nicht abgedeckt wird jedoch die Möglichkeit, dass eine Feministin schlicht und ergreifend eine andere Auffassung zum Islam hat als der Autor. Einfach nur so, weil sie anderer Meinung ist, und nicht, weil sie feige oder ideologisch blind ist.

Hört einfach zu, was Frauen zu sagen haben

Dieser kleine rhetorische Gestus, mit dem Frauen und vor allem Feministinnen abgesprochen wird, ein ernstzunehmendes politisches Subjekt zu sein – denn wer aus Feigheit oder ideologischer Verblendung heraus argumentiert, den muss man nun einmal tatsächlich nicht ernst nehmen –, stört mich schon lange. Erstmals fiel er mir in den 1980er-Jahren, Anfang der 1990er-Jahre auf, als viel darüber diskutiert wurde, warum Frauen das Internet weniger benutzen als Männer. Eine gängige rhetorische Frage war damals: Nutzen die Frauen kein Internet, weil sie diesen Computerkram nicht verstehen oder weil sie kein Geld haben, sich einen Computer zu kaufen?

Ihr versteht das Prinzip: Die Möglichkeit, dass Frauen damals kein Internet nutzten, weil sie das so wollten, es war ja schließlich in den Achtzigern noch nicht so besonders viel Nützliches im Internet los, war auf diese Weise schon rein formal gar nicht denkbar.

Es wird ja manchmal hoch und lang und breit diskutiert, wie Männer den Feminismus unterstützen können, wie sie gute "Allies" sein können, und dann wird oft so getan, als sei das ungeheuer kompliziert. Nein, es ist ganz einfach: Hört einfach zu, was Frauen sagen, und nehmt das ernst. Das ist eigentlich schon alles. (Antje Schrupp, dieStandard.at, 12.1.2015)