München/Wien - Der Suhrkamp Verlag hat wie bereits angekündigt eine Einstweilige Verfügung gegen die Aufführung von Bertolt Brechts Drama "Baal" unter der Regie von Frank Castorf am Münchner Residenztheater beantragt. Das bestätigte eine Verlagssprecherin am Montag. Bei der Inszenierung handle es sich "um eine nicht-autorisierte Bearbeitung des Stückes von Bertolt Brecht", begründete der Verlag den Schritt.

Das Landgericht München wollte sich dazu nicht äußern. Nach Angaben Suhrkamps wird eine Entscheidung noch in dieser Woche erwartet. Der österreichische Residenztheater-Intendant Martin Kusej hatte bereits am Freitag mitgeteilt, dass der Verlag einen solchen Schritt gegen sein Haus plane.

Fremdtexte verwendet

In der Produktion würden viele Fremdtexte verwendet, "die Werkeinheit wird aufgelöst", bemängelte der Verlag. Absprachen habe es vorher nicht gegeben. "Dies verletzt das Urheberrecht und ist durch den mit der Bühne geschlossenen Aufführungsvertrag nicht gedeckt", meint Suhrkamp. Ein Einzelfall sei der Antrag auf Einstweilige Verfügung nicht. "Als Inhaber der Rechte haben wir eine Sorgfaltspflicht gegenüber den Werken des Autors", sagte die Verlagssprecherin.

Am Residenztheater konnte man sich an einen ähnlichen Fall im Haus allerdings nicht erinnern. Kusej hatte sich am Freitag "außerordentlich irritiert" über das Vorgehen des Suhrkamp Verlages gezeigt, das er "völlig unverständlich" nannte. Der Verlag kenne Castorfs Arbeitsweise und habe sich für die Vergabe der Aufführungsrechte an das Residenztheater und den Regisseur entschieden und sei auf dem Laufenden gehalten worden. Bei Suhrkamp sieht man das anders: "Das Theater hat uns trotz mehrfacher Aufforderung die endgültige Spielfassung bis heute nicht zur Verfügung gestellt."

Vierstündige Inszenierung

Castorf erzählt Brechts Geschichte in seiner mehr als vierstündigen, rauschhaften Inszenierung nicht chronologisch, verlagert sie unter anderem in den Vietnam-Krieg und fügt Passagen aus fremden Texten - unter anderem aus Arthur Rimbauds "Eine Zeit in der Hölle" - hinzu.

Knapp 1.700 Zuschauer haben die Inszenierung nach Theaterangaben bisher gesehen. Die Premiere am 15. Jänner war ausverkauft, die zweite Aufführung beinahe auch, die dritte musste wegen einer Erkrankung im Ensemble abgesagt werden. Schon am Freitag steht "Baal" mit Aurel Manthei in der Titelrolle und Bibiana Beglau als Isabelle eigentlich wieder auf dem Spielplan. "Wir gehen fest davon aus, dass die nächsten Aufführungen wie geplant stattfinden", betonte die Theatersprecherin. (APA, 2.2.2015)