Wien – Schuld ist der Kaiser. Nicht Robert Palfrader, sondern der vor bald 100 Jahren gestorbene Franz Joseph I. Schon er hatte mit knappen Schulbudgets zu kämpfen und konnte bzw. wollte die Wünsche der Gymnasiallehrer nach mehr Geld nicht erfüllen. Daher wurde eine andere Idee geboren: Statt der Gehaltserhöhung gab es von nun an die Möglichkeit, den Lehrern den Titel Professor zu verleihen.

Neben dem Professor haben es noch zahlreiche andere Berufstitel bis ins Jahr 2015 geschafft (siehe Grafik). Wie der STANDARD berichtete, wurden allein in den vergangenen fünf Jahren deutlich mehr als 10.000 Titel verliehen. Die mit Abstand meisten Verleihungen gab es im Schulsektor, wo es 7.745 Ernennungen zu Schulräten, Oberschulräten, Oberstudienräten, Regierungsräten oder Professoren gab.

Schon unter Kaiser Franz Joseph I. galt: Titel statt Geld
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Einzige Möglichkeit für Dank

Lehrergewerkschafter verteidigen das System durchaus. De facto seien die Auszeichnungen für den Dienstgeber "die einzige Möglichkeit, Danke zu sagen", erklärt der Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eckehard Quin, im STANDARD-Gespräch. Für die Forderungen der Arbeitnehmer nach Leistungsprämien fehle noch immer das Geld, daher greife man eben gerne zu Anerkennungsurkunden.

Ähnlich sieht das sein Kollege Jürgen Rainer, der Vertreter der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) ist. "Es ist eine Form der Anerkennung der Republik – anstatt Geld zu bezahlen." Was ihn eher stört, ist der mit der Verleihung verbundene Verwaltungsaufwand.

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Ausgezeichnet wurde immer gern, von allen Regierungen: Elisabeth Gehrer ernannte Thomas Schäfer-Elmayr im Jahr 2006 zum Professor.
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Langer Amtsweg

Rainer schildert ein Beispiel aus der Praxis: Ein Direktor schlägt einen Lehrer, der sich durch überdurchschnittliche Leistungen ausgezeichnet hat, beim Landesschulinspektor für eine Auszeichnung vor. Dieser leitet ein Verfahren ein, prüft den Personalakt und die Argumente des Direktors. Dann wandert der Antrag zum Bildungsministerium, wo noch einmal geprüft wird, von dort geht es zum Bundespräsidenten, der endgültig über die Verleihung entscheidet. "Das würde auch einfacher gehen, die erste Instanz würde ausreichen", findet Rainer.

Er verteidigt auch, dass es im Bildungssystem derart viele Anträge gibt. "Man bekommt den Berufstitel nicht nachgeworfen." Nötig sei viel Erfahrung (Verleihungen sind grundsätzlich ab 50 Jahren möglich), eine tadellose Karriere, es dürfe keine massiven Beschwerden gegen einen Lehrer geben. Außerdem sei das System "Teil der österreichischen Kultur". Rainer: "Wer mag es nicht, ausgezeichnet zu werden?"

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Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher (re.) wurde im Vorjahr von Parteifreund Josef Ostermayer in den Professorenstand erhoben.
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"Größter Motivator"

Pflichtschul-Lehrergewerkschafter Paul Kimberger würde sich sogar wünschen, dass noch häufiger Berufstitel an "verdiente Persönlichkeiten, die jahrzehntelang im Sinne der Kinder gearbeitet haben", verliehen werden. "Wertschätzung und Anerkennung ist der größte Motivator. Insofern werden Berufstitel immer modern sein."

Schaffte man sie ab, "würde das niemandem etwas bringen", glaubt Rainer. Man könne keine großen Einsparungen erzielen, "auf der anderen Seite würde ein Leistungsanreiz, auch wenn er bescheiden ist, wegfallen".

Auf das geringe Einsparpotenzial verweist man auch in der Präsidentschaftskanzlei. Finanzielle Zuwendungen sind mit der Verleihung eines Berufstitels schließlich nicht verbunden. Bleiben also nur die Kosten für die involvierten Beamten sowie die Verleihungszeremonien. Handlungsbedarf sieht man im Büro von Heinz Fischer daher trotz der hohen Zahl an Berufstiteln nicht. "Es ist ein Dankeschön für erbrachte Leistungen." Hinsichtlich der Anträge müsse man sich in der Präsidentschaftskanzlei darauf verlassen können, dass nur aus gutem Grund Vorschläge gemacht werden, heißt es. (go, derStandard.at, 3.2.2015)