Das Charlie P's bei der Votivkirche war Wiens erster Pub mit toller Küche. Jetzt wurde nachgelegt - mit Starkoch Peter Zinter.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Fantastische Vorspeise: poelierte Artischockenherzen mit irischen Native-Austern, Artischockencreme und Austernmayonnaise.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Gleich beim Eingang stehen die Raucher an Lehntischen, im Schankraum vermengt sich der Duft verschütteten Biers mit jenem der Fish-&-Chips-Fritteusen, die Fernseherdichte ist hoch, das Gedränge erheblich - speziell an den Spieltagen der Premier League und anderer Pub-affiner Sportveranstaltungen. Also alles wie gehabt im Charlie P's, dem Irish Pub von Brian Patton am Beginn der Währinger Straße? Nicht ganz. Pattons Pub steht schließlich seit Jahren für eine aufs Erste exzentrisch anmutende Kombination aus lärmender Trinkhausseligkeit mit fantastischer Bierkarte und der durchaus ernsthaften Ambition, dies mit spannendem Essen zu verbinden.

Elaboriertes Speisen im Dining Room

Die Burger hier sind aus trocken gereiftem Fleisch von irischen Weiderindern, von legendär saftstrotzender Qualität und ebensolch massiver Größe. Fish and Chips wurde schon vor Jahren als Standard auf der Karte etabliert, mit anständigem Kabeljau im Bierteig (manchmal leider zu lang gegart), mit selbstgemachter Sauce Tartare und dickknusprigen Chips nach Inselmanier. Auch Austern wird der Freund gepflegter Stouts hier stets vorfinden. Im abgetrennten Dining Room, wo der Publärm etwas schaumgebremst an die Tische plätschert, kann noch elaborierter gespeist werden. Speziell das selbstimportierte irische Lamm hat unter Kennern einen Ruf wie Donnerhall.

Seit Anfang dieser Woche steht mit Peter Zinter nun einer der höchstdekorierten Köche der Stadt hinterm Herd, da sollte man sich erwarten dürfen, dass die eine oder andere zusätzliche Entwicklungsstufe gezündet wird. Zinter wird laut Patton aber nicht nur für das Charlie P' s zuständig sein, er soll auch die Küchenleistung des für März angekündigten Schwesterlokals Brickmakers in der Zieglergasse verantworten, wo eine Weiterentwicklung des BBQ-Pop-ups vom Donaukanal ("Big Smoke") thematisiert wird. Ein drittes, ganz auf Zinters Kunstfertigkeit zugeschnittenes Edellokal ist aber auch bereits in Planung.

Austern und Artischocken

Im Charlie P's bleiben Burger wie Fish and Chips unverändert auf der Karte, an den anderen Optionen aber hat Zinter ordentlich herumgeschraubt - und ein Viergangmenü steht auch schon auf der Karte. Was da auf den Tisch kommt, mutet in einem auf Trinkfreude ausgelegten Pub mehr als anachronistisch an, ist mit 36 Euro aber extrakulant kalkuliert.

Eine fantastische Vorspeise aus poelierten Artischockenherzen mit irischen Native-Austern, Artischockencreme und Austernmayonnaise (wild, jodig, wow!) zum Beispiel, da können sich die Edelhütten der Stadt eine ordentliche Scheibe abschneiden (siehe Bild). Oder Seehecht mit sauren Gurken und Erdäpfeln, die Zinter herzallerliebst zu Mini-Murmeln tourniert - frisch, bissfest, dank einiger Ziegenkäse-Pralinen auch außerordentlich würzig. Oder irisches Lamm mit Pastinaken, Erbsensprossen und dunkel lockendem Zwiebeljus - großartig.

Wer nicht minder gut, aber richtig viel essen will, dem seien die Koteletts vom Duroc-Schwein mit Topinambur und Kraut angeraten: herrlich saftiges, geschmackstiefes Fleisch, fette Portion. Aber auch das Scotch Egg von der Wildsau, die gemeingefährlich köstlichen Entenrillettes oder der Sellerie mit schwarzer Trüffelsauce und Pak Choi sind es jeweils für sich wert, in die feuchtfröhliche Stimmung hier einzutauchen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 6.2.2015)