Das Gesicht der ÖH wird sich an den Fachhochschulen durch die Direktwahl sehr wahrscheinlich verändern.

Foto: Standard/Cremer

Wien - Zwischen Kopierer und Weltrevolution - in diesem Zwiespalt wird die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) oft verortet. Für die Studierendenvertretungen an Fachhochschulen war diese Aussage bisher weniger zutreffend als für jene an Universitäten - ein maßgeblicher Grund lag im nun nicht mehr gültigen Wahlrecht: Die Wahl der Jahrgangs-, Studiengangs- und Fachhochschulvertretung - eine Art Wahlmännersystem - sorgte per se für die Atmosphäre einer Schulsprecherwahl. Die Direktwahl - eine jahrelange Forderung der ÖH - wird bei der nächsten Wahl nicht nur mehr Demokratie einhauchen, das Gesicht der ÖH wird sich an der Fachhochschule sehr wahrscheinlich verändern.

Bernhard Lahner, Mitglied des Bundesvorstands der ÖH, weiß zwar noch nichts von Fraktionsgründungen an Fachhochschulen, er rechnet in den nächsten Wochen und im Vorfeld der Wahlen aber damit: "Ich wüsste nicht, warum sich die von politischen Parteien unterstützten Fraktionen die Vertretung einer so großen Anzahl von Studierenden entgehen lassen sollten", sagt der ehemalige Student einer Pädagogischen Hochschule. Im vergangenen Wahlkampf setzte er sich bei der Fraktion Engagierter Studierender (Fest) vor allem für die Rechte von Studierenden der Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen ein.

Die an den Unis starken Fraktionen Aktionsgemeinschaft (mit ÖVP-Unterstützung), Verband Sozialistischer Studierender Österreichs (SPÖ-Hintergrund) und die Grünen Alternativen Studierenden könnten also bald auch an Fachhochschulen gewählt werden - und den Wahlkampf damit parteipolitischer werden lassen, als er bisher war.

Kurze Geschichte der ÖH

Dass Studierende an Fachhochschulen unpolitischer als Uni-Studierende, glaubt Lahner nicht. In der Geschichte der Studierendenvertretung war die Abgrenzung von Parteipolitik aber lange Zeit von Bedeutung: Es ist noch nicht lange her, dass sich die Studierendenvertreter an Fachhochschulen in privaten Vereinen organisierten. Den damaligen Vereinen war es vor allem wichtig, autonom arbeiten zu können und keine Parteipolitik zu betreiben, was sie von den Kollegen der Hochschülerschaft abgrenzte, die sich historisch seit vielen Jahrzehnten als gesellschaftspolitisch wahrnahm.

Mit der gesetzlich verankerten Einbeziehung der FH-Studierenden in die ÖH Ende 2007 änderte sich das nur bedingt - das hänge auch damit zusammen, dass viele FH-Studierende berufstätig sind und nicht viel Zeit haben, sich intensiv für Hochschulpolitik zu engagieren, sagt Lahner. Auch die Anliegen, mit denen die meisten Studierenden sich an ihre Vertretung wenden, zeigen: "Es dreht sich meistens um das Fachhochschulstudiengesetz, da es an vielen Stellen zu unpräzise ist." Oftmals sei nicht klar geregelt, welche Rechte Studierende gegenüber den Erhaltern der Fachhochschule haben, vor allem die Anwesenheitspflicht oder die unterschiedlichen Prüfungsordnungen bereiten Probleme. "Das Gesetz gehört klarer formuliert", sagt Lahner.

Raum für Politisierung

Das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten der ÖH-Bundesvertretung verabschiedete deshalb im Oktober einen Forderungskatalog, der die Rechte von Studierenden nicht nur klar verankern, sondern auch stärken soll. Gesellschaftspolitische Forderungen findet man darin nur ansatzweise - etwa dass die Finanzierung der Bildung Sache des Staates sei.

Raum für Politisierung in der Interessenvertretung der Studierenden von Fachhochschulen ist genug vorhanden: Frauenquoten, Drittelparität in Ausschüssen, Kinderbetreuung oder die bereits angesprochenen Studiengebühren sind einige Beispiele. Die Grenzen zwischen Sachthemen und Gesellschaftspolitik verlaufen hier fließend.

Der Wirkungsgrad der ÖH an den Fachhochschulen kann sich nach den Wahlen im Mai grundlegend ändern, sagt Bernhard Lahner. "Ich wünsche mir vor allem einen stärkeren Diskurs unter Studierenden." Demokratiepolitisch stelle das neue Wahlrecht einen Meilenstein dar. (Lara Hagen, DER STANDARD, 14.2.2015)