Mehr als nur das Binnen-I

Genderbeauftragte Martina Gaisch muss auch schlichten

Martina Gaisch ist ständig mit Vorwürfen konfrontiert. Die Gender- und Diversity-Beauftragte der FH Oberösterreich ist besonders genervt, wenn Leute denken, Gender und Frauen seien gleiche Begriffe. "Meine Arbeit wird oft nur mit dem Schlagwort gendergerechte Sprache verbunden", sagt Gaisch. Für sie steckt aber viel mehr dahinter.

Nicht nur die Vielfalt unter Studierenden fällt in Gaischs Ar beitsbereich. "Bei uns herrscht besonders im Kollegium eine gute Aufteilung zwischen den Geschlechtern. Anderen Fachhochschulen dienen wir hier als Vorbild", sagt Gaisch, die am Standort Hagenberg Professorin für Englisch und Interkulturelle Kommunikation ist. Auch ein weiblich dominiertes Studium. "In meiner Schulbildung waren die gesellschaftlichen Geschlechternormen sehr präsent. Gut möglich, dass ich mich anders entschieden hätte, wenn es auch damals Initiativen für mehr Frauen in der Technik gegeben hätte", erinnert sie sich.

Obwohl heute viel mehr Information geboten wird, vermutet Gaisch bei vielen Frauen noch eine Angst, in männerdominierte Bereiche zu gehen. "Hier gilt es anzusetzen und diese Angst zu nehmen."

Ihre Arbeit als Genderbeauftragte besteht aus vielen Arbeitskreisen, Schlichten muss sie manchmal aber auch. Bei Studentinnen kommt es schon vor, dass sie sich über den Umgang unter Studierenden beschweren. "Männliche Studienkollegen verlieren halt schnell mal ein blödes Wort", sagt Gaisch.

Foto: FH Oberösterreich/Affenzeller

Salamitaktik statt Quoten

Monika Vyslouzil vermisst in der Sozialen Arbeit Männer

Fachhochschulen kennt Monika Vyslouzil (58) bereits seit dem Jahr 2000 - damals noch als Mitglied des Fachhochschulrats.

In den zehn Jahren Abwesenheit habe sich an Fachhochschulen im Hinblick auf Frauen in leitenden Positionen nichts verändert, sagt Vyslouzil: "Es ist eine Abbildung der Gesellschaft. Frauen in Führungspositionen gibt es allgemein zu wenige."

Die FH-Professorin für Soziale Arbeit war in ihren Führungspositionen meist in mehrheitlich männlicher Kollegenschaft: Zunächst war sie von 2001 bis 2002 Leiterin des Studiengangs "Sozialarbeit" in Sankt Pölten. Nach unterschiedlichen Stationen kam sie 2010 als Professorin zurück und leitet seither das Ilse-Arlt-Institut für Soziale Inklusionsforschung. Letzten Juni wurde sie dann als Kollegiumsleiterin gewählt, was einer Rektorin entspricht.

Motivation ist für Vyslouzil der Schlüssel zu Veränderung. Viele Kolleginnen würden sich nicht trauen zu führen, hier wünscht sie sich mehr Selbstvertrauen.

Ansetzen müsse man schon bei den Studierenden: "In sehr männerdominierten Studien muss man Frauen motivieren, sich zu bewerben. Dafür muss das Marketing passen - etwa forciert Fotos von Frauen in der Technik verbreiten", sagt Vyslouzil. "Ich denke diese Salamitaktik hilft mehr als Quoten."

Beim Studiengang Soziale Arbeit herrscht die umgekehrte Problematik - Männer sind unterrepräsentiert. Vyslouzil ist es deswegen wichtig, über beide Geschlechter nachzudenken.

Foto: Kraus

Frauen haben mehr um die Ohren

Einen untypischen Bildungsweg ging Eveline Prochaska

Eveline Prochaska kam über Umwege an die FH Campus Wien. Nach ihrer Karenz absolvierte sie einen vom AMS in Kooperation mit der FH angebotenen Vorbereitungskurs: "Für mich war das eine super Voraussetzung", sagt Prochaska, die sich dann für den Bachelorstudiengang Informationstechnologie und Kommunikation entschied. Zu Beginn mit gar nicht so wenigen weiblichen Mitstudierenden. Das änderte sich aber von Semester zu Semester - die Drop-out-Rate war enorm. Wo liegen die Gründe? "Frauen haben einfach mehr um die Ohren", ist Prochaska, Mutter zweier Kinder, überzeugt. Die meisten ihrer Mitstudentinnen hatten entweder Kinder oder mussten sich um andere Familienmitglieder kümmern. "Die Männer in meinem Studium hatten nicht einmal eine eigene Topfpflanze."

Prochaska war eine der wenigen, die Familie und Studium erfolgreich unter einen Hut brachten. Nach dem Bachelor arbeitete sie ein Jahr als wissenschaftliche Mitarbeiterin, nun absolviert sie den Master in Health Assisting Engineering, ebenfalls an der FH Campus Wien. Nach Abschluss soll es in die Lehre gehen.

Neben dem Studium engagiert Prochaska sich als Tutorin und Vortragende beim Programm Frauen in die Technik (FIT): "Es ist unheimlich wichtig, dass es weibliche Vorbilder in der Technik gibt." Eine bewusste Ausgrenzung von Frauen vermutet sie nicht - "die Männerwelt funktioniert einfach anders. Frauen brauchen eine Lobby."

Foto: FH Campus Wien

"Manche Leute sind erstaunt"

Margarethe Überwimmer war oft die einzige Frau

Dass Margarethe Überwimmer eine Stelle oder Position bekommen hat, weil sie eine Frau ist, sei ihr glücklicherweise nie passiert. "Da trifft eher zu, dass ich die Stellen bekommen habe, obwohl ich eine Frau bin", lacht die Mathematikerin.

In ihrer gesamten Studienlaufbahn als Studentin zählte Überwimmer, die am Standort Steyr den Studiengang Global Sales and Marketing leitet, immer in zur Minderheit. "Das Diplomstudium der Technischen Mathematik war eine totale Männerdomäne." Beim Doktorat an der TU Wien änderte sich das nicht.

"Ich hatte den Vorteil, dass in meiner Schule Stärken gestärkt wurden", erinnert sich Überwimmer an die Beweggründe, in die Mathematik zu gehen. Von ihrer Familie wurde Überwimmer stets unterstützt, "aber manche Leute sind natürlich immer erstaunt. Wenn es jemandem nicht passt, dass ich als Frau diesen Weg eingeschlagen habe, regt mich das aber nicht auf", sagt Überwimmer.

Nach dem Studium wollte sie in der Wirtschaft viel an Praxiserfahrung sammeln, um irgendwann ihr Wissen als Professorin zu teilen. "Für mich war schon immer klar, dass dieser Weg an die Fachhochschule führt." Der Anwendungsbezug war für Überwimmer in ihrem Fachgebiet immer besonders wichtig.

Viele Kolleginnen hat sie dort nicht. "Die Gründe würden mich interessieren, untersucht habe ich das aber nie." Erfreulich ist für Überwimmer, dass bei ihren Studierenden Frauen oft in der Überzahl sind. (Lara Hagen, DER STANDARD, 14.2.2015)

Foto: Engleder